CH-Kino | Dachkantine
Zürich gilt als Partyhochburg schlechthin. Trotz oder gerade wegen der Clubdichte sind Einzigartigkeiten Mangelware. Nicht so die frühere Dachkantine. Der gleichnamige «Elektromentalfilm» ermöglicht Einblicke ins Seeleninnere eines clubtechnischen Meilensteins.
Synopsis: «Dachkantine» erzählt vom teilweise bizarren, vierwöchigen Abschlussfestival des gleichnamigen, mystifizierten und vor allem beliebten Zürcher Elektro-Klubs. Das einstige Aushängeschild der Zürcher Klub-Szene war für einen Paradigmenwechsel verantwortlich. Das Ende dieser Klubära repräsentiert gleichsam die Wende der weltweit verunsicherten und dem kommerziellen Druck ausgesetzten Techno-Epoche. Der sogenannte Elektromentalfilm zeigt schöne Momente des langen und zuweilen wehmütigen Abschieds – angestimmt vom Sound höchster Elektrokunst. Auf der Abschlussreise mit den visionären Klubbesitzern, Elektro-(Punk-)Künstlern und der kunterbunten Gästeschar wird förmlich in die Katakomben einer anderen, inspirierenden Welt eingetaucht. Stars: In diesem Moment ist es sicherlich das gesamte Dachkantinen-Team, hat es doch ein einzigartiges Umfeld geschaffen, eine wahrlich neue Welt. Regie & Crew: Medienkünstlerin Nicole Biermeier wie auch Ravi Vaid und Dion Merz haben eine Dokumentation realisiert, die den Sprung ins Programm des renommierten Amsterdamer Dokumentarfilmfestivals geschafft hat.
art-tv-Wertung: Die Dokumentation «Dachkantine» zeigt auf eindrückliche Art und Weise, wieso der Klub zur partytechnischen Wohlfühloase geworden ist, und dass er weitaus mehr zu bieten hatte, als nur die Freuden Dionysos’ zu repräsentieren. Das Programm in der Dachkantine war nämlich durchmischt und beheimatete nebst Live-DJ-Sets auch Konzerte, Vernissagen und Lesungen. Der Kinospass entführt den Zuschauer, der sich wenig fürs Nachtleben interessiert, in einen fremden Kosmos. Partyliebhaber kommen dafür noch einmal richtig in den Dachkantinen-Genuss und erleben eine angenehme Renaissance. Das Ende des Films ist zwar traurig, aber auch versöhnlich. Und das ist gut so, denn Nostalgie ist sicherlich ganz schön, doch nicht immer und in jeder Form erträglich. «Dachkantine» geht da mit gutem Beispiel voran. Fazit: Der Film dürfte selbst weniger Ausgehfreudige hinter dem wärmenden Hausofen hervorlocken und zumindest die Beine zum Wippen bringen.
Cyril Schicker