CH-Kino | Here & There
Abgehalfterter New Yorker verschlägt es in fremde Gebiete: Fürs schnelle Geld lässt sich ein zynischer Saxophonist auf ein unmoralisches Angebot ein.
Synopsis: Robert (David Thornton), ein gebrochener und äusserst mundfauler Musiker steckt in finanziellen Schwierigkeiten und muss notgedrungen seine Wohnung räumen. Dabei hilft ihm Branko (Branislav Trifunovic), der sich als selbstständiger Umzugshelfer arrangiert hat. Der junge Serbe sieht seine persönliche Chance in dem heruntergekommenen Robert: Er macht ihm den ungewöhnlichen Vorschlag, für ihn nach Belgrad zu gehen und seine Geliebte zu scheinehelichen, damit diese in die USA einreisen kann. Nur widerwillig lässt sich Robert für 5000 Dollar auf das gewagte Abenteuer ein. Während sich Branko durch den Grossstadtdschungel von New York kämpft, versucht sich derweil Robert in Belgrad bei Brankos Mutter Olga (Mirjana Karanović) zurecht zu finden. Mit ihrer Hilfe lernt er bald auch die charmanten Seiten des Lebens kennen. Stars: Der in seiner Rolle überzeugende David Thornton («My Sister’s Keeper», 2009) war bislang vor allem in Independent-Produktionen oder in der TV-Serie «Law & Order» zu sehen. Neben ihm spielt die gefeierte serbische Schauspielerin Mijana Karanović, die u.a. im preisgekrönten Film «Das Fräulein» (2006) aufgefallen ist. Regie & Crew: Der in Belgrad aufgewachsene Regisseur Darko Lungulov arbeitete einst wie die Filmfigur Branko als Umzugshelfer, um sich sein Filmstudium in New York zu finanzieren. «Here & There» gewann 2009 mehrere Auszeichnungen, u.a. den «Best NY Narrative Award» beim Tribeca Film Festival.
art-tv-Wertung: «Here & There», das verrät schon der Titel, lebt von den Gegensätzen zweier Kulturen. Das schnelllebige New York, repräsentativ für Moderne und Fortschritt, kontrastiert mit dem eher idyllischen, traditionellen Belgrad. Amerika, das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, wo man mit offenen Armen begrüsst wird – diesem Irrglauben kann Robert nur ein müdes Lächeln abgewinnen. Mit solchen kulturbedingten Vorurteilen arbeitet der Film und kostet diese, mögen sie noch so schablonenhaft sein, zugunsten einer feinsinnigen Komik aus. Die Geschichte um neuen Lebensmut wird ganz von dem zynischen Anti-Helden getragen, der schon lange mit dem American way of life abgerechnet hat. Schön, wie Olgas hingebungsvolle, tägliche Pflege ihrer Blumen, sich geradezu wie ein Aufwachruf auf den mürrischen Robert auswirkt und dieser dadurch seinen zweiten Frühling erlebt. Die beiden Parallelhandlungen bedingen sich gegenseitig, sodass sich Brankos Scheitern in der Weltstadt zum Negativen für Robert auswirkt. Schliesslich ist es aber Roberts Charakterentwicklung in Serbien, die der etwas zu aufgesetzten New York-Episode den Rang abläuft. Zu viele Klischees? Keine Frage, doch daran soll sich hier niemand stören. Fazit: Ein wunderbar inszenierter Culture-Clash mit einer Menge Charme, Witz und Herz.
Martina Felber