CH-Kino | La reina del condón
Eines der Highlighst an der “Semaine de la Critique” im Rahmen des Filmfestivals Locarno 2007. Die Regisseure Silvana Ceschi und Reto Stamm haben mit “La Reina del Condón”, einen Film über die Königin der Kondome in Kuba gedreht.
Synopsis: Monica Krause wächst in Rostock in der DDR auf. Im Jahr des Mauerbaus, 1961, stürzt sich die Lateinamerikanistik-Studentin in ein Leben, das sie sich nie erträumt hätte. Als Jesús Jimenez in Warnemünde das neue Frachtschiff “Sierra Maestra” abholt, verliebt sie sich in den blutjungen kubanischen Kapitän. Kurz entschlossen heiraten die beiden, sie folgt ihm nach Kuba und verkehrt im einflussreichen Bekanntenkreis ihres Mannes. Raul Castros Ehefrau engagiert sie für eine Aufklärungskampagne gegen die tausenden von Teenager-Schwangerschaften, eine Folge der neuen gemischten Internatsschulen. Die emanzipierte Deutsche engagiert sich für die Gleichberechtigung, auf Kurs des Regimes, aber im Bereich der Sexualität ist alles komplizierter. Sie schreibt populäre Bücher, die ihrer Darstellungen von Liebespositionen wegen schon in den Druckereien geklaut werden, produziert Fernsehsendungen, die Strassen leer fegen, im Politbüro diskutiert und schliesslich verboten werden. Im Lande des Machismo trifft sie auf fundamentale Ahnungslosigkeit, Schüchternheit und Tabus im Umgang mit der Sexualität. Sie propagiert das Recht der Frau auf ihren Körper und ihre Lust und wird als “Reina del Condón” bekannt. Ein Spottname sollte es sein, aber sie trägt ihn wie eine Königin. Es sind die zwei Söhne, Daniel und Dictis, die uns auf Spuren ihrer Mutter das Wirken der offiziellen kubanischen Sexualaufklärerin näher bringen und dabei ihren Vater erstmals wieder sehen. Er habe es unterschätzt, was es bedeute, eine gemischtkulturelle Ehe zu führen, sagt Jesús. Der Belastung einer in der Öffentlichkeit stehenden, durch ihre Zivilcourage polarisierenden Frau hielt ihre Ehe nicht stand.
Kritik. Einfühlsam, leichtfüssig und bildstark zeichnen Silvana Ceschi und Reto Stamm ein ungewöhnliche Persönlichkeit und eine Gesellschaft, die zwischen revolutionärem Fortschrittswillen und tradierten Gewohnheiten und Rollenbildern oszilliert. Dictis und seine Schwierigkeiten in einem System, das gleichgeschlechtliche Liebe als Phänomen der kapitalistischen Dekadenz darstellte, führten letztlich dazu, dass Monica Krause und ihre Söhne 1990 die Insel verliessen und in ein Deutschland ohne Mauern zurückkehrten.
Thomas Schärer