CH-Kino | No More Smoke Signals
Fanny Bräunig hat mit “No More Smoke Signals” einen Film realisiert, der nicht nur den neu geschaffenen “Prix de Soleure” gewonnen hat, sondern auch den Zürcher Filmpreis, die Schweizer Filmperle 08 (Preis der Schweizer Filmkritik) und den Schweizer Filmpreis 2009.
Synopsis: Eine Radiostation, einsam auf einem kleinen Hügel, gegründet in den 70er Jahren von Aktivisten der indianischen Widerstandsbewegung: KILI RADIO, „Voice of the Lakota Nation”. Die Radiostation befindet sich in Pine-Ridge, dem ärmsten 18’000-Quadratmeter-Reservat der Lakota-Sioux im amerikanischen Bundesstaat South Dakota. Die Zustände in diesem Land, das der weisse Mann den Ureinwohnern noch zugestanden hat, sind schlimm. Es ist ein vergessener Ort zwischen Kampf und Hoffnung, zwischen indianischem Mythos und dem Alltag des Lakota Volkes. Doch da ist Roxanne Two Bulls, die auf dem Land ihrer Ahnen ein neues Leben beginnen will, der junge DJ Derrick, der bei KILI seine musikalische Ader entdeckt. Da ist der weisse Anwalt Bruce, der seit 30 Jahren versucht, einen indianischen Aktivisten aus dem Gefängnis freizubekommen. Und da taucht plötzlich der frühere AIM-Aktivist John Trudell auf, der in Hollywood als Musiker Karriere gemacht hat. Bei KILI RADIO läuft alles zusammen. Statt Rauchzeichen sendet KILI seine Signale durch die Weite der grandiosen Landschaft, mit einer wunderbaren Mischung aus Humor und Melancholie. Native Hip Hop und zerbrochene Windschutzscheiben: Der Stolz kehrt zurück, it really is ok to be Lakota. Stars: Die Lakota-Indianer erzählen als Protagonisten in diesem Film offen, ehrlich und gewinnend über ihr Leben. Die Kameramänner Pierre Mennel, Dieter Stürmer und Igor Martinovic fangen mit atemberaubenden Landschaftsaufnahmen die unendliche Weite und klirrende Kälte des amerikanischen Nordens ein. Regie: Fanny Bräuning studierte Filmrealisation an der Hochschule für Gestaltung und Kunst Zürich. Seit 2001 arbeitet sie als freischaffende Filmemacherin und gründete 2005 mit Kaspar Kasics die Distant Lights Filmproduktion GmbH.
art-tv-Wertung: Im Mittelpunkt des zu Recht preisgekrönten Dokumentarfilms steht die in karger Landschaft mit einfachsten Mitteln errichtete Radiostation. Um diese herum kreist Fanny Bräuning das Leben der Lakota-Indianer ein und vermag damit – ähnlich wie auch der Kili-Radiosender – dieser besonderen Community mit ihren grossen Sorgen und kleinen Freuden ein „Sprachrohr“ zu verleihen. In Interviews kommen die Menschen auf natürliche Art und Weise zu Wort, wenn sie über ihren von Arbeitslosigkeit und Alkoholismus geprägten Alltag im Reservat berichten. Die missliche Lebenssituation haben aus Sicht der Indianer die Weissen aufgrund von Ausbeutung, Ausgrenzung, Massakern und gebrochenen Versprechen zu verantworten. Bräuning klammert – mal abgesehen von ein paar Szenen in denen sich weisse Christen für die Taten auf fast fanatische Weise bei ihren Vorfahren entschuldigen – die Darstellung der Gegenseite dabei zwar komplett aus. Doch auch wenn der Film einseitig seinen Fokus auf die Indianer ausrichtet, lässt sich die tiefe Verwundung vor allem durch das beigemischte historische Archivmaterial, das die lange Geschichte der Verfolgung und Unterdrückung dieser Menschen aufzeigt, anschaulich nachvollziehen. Raum gibt der Film auch für die schöne und fröhliche Seite im Reservat, die sich vor allem dann zeigt, wenn es darum geht, wie die Menschen mit teils chaotischem Idealismus, aber fast überall mit der Hoffnung und dem Kampf für ein besseres Leben ihrer Verelendung zu begegnen versuchen. Fazit: Mit starken Bildern und stimmungsvoller Musik, schildert der Film umfänglich das Leben der Lakota-Indianer und beweist einmal mehr, dass der Slogan „land of the free“ in Amerika bis heute nicht für alle gilt.
Isabel Bures