Copilot
Ein Film über Macht und Ohnmacht, Leben und Tod. Im Mittelpunkt steht eine Amour fou von politischer Brisanz.
Mitte der 90er-Jahre lernt Asli Saeed kennen. Aslis erste Liebe verändert ihr Leben für immer – bevor sie die ganze Welt in ihren Grundfesten erschüttert. «Copilot» ist bereits der dritte Spielfilm der deutschen Regisseurin Anne Zohra Berrached. In Zusammenarbeit mit der Drehbuchautorin Stefanie Misrahi und nach ausgiebigen Recherchen entstand das Drehbuch über ein junges Mädchen, dessen schicksalhafte Liebe zur Waffe wird.
Copilot | Rezension
«Ohne dich hätte ich die Kraft nicht gehabt, meinen Weg zu gehen», sagt eine Männerstimme aus dem Off vor schwarzem Hintergrund und dankt der «lieben Copilotin für die fünf schönen harten Jahre, die du mit mir verbracht hast». Die Frau, an die diese Worte gerichtet sind, erblickt man nach diesem irritierenden Auftakt von «Copilot» in ausgelassener Stimmung. Die junge Deutsch-Türkin Asli ist Medizinstudentin und befindet sich zusammen mit einer deutschen Freundin auf einem Rummelplatz, wo die beiden gerade eine Achterbahn besteigen und wo Aslis Blicke kurz bei einem attraktiven jungen Mann hängen bleiben. Die Szene bricht ab, man sieht Asli und ihre Freundin in einem Anatomieseminar, kurz darauf an einer feucht-fröhlichen Party im Studentenwohnheim. Saeed, der junge Mann vom Rummelplatz, ist auch da. Bei einem Gesellschaftsspiel mit viel Körperkontakt kommen sich Asli und er schnell näher, irgendwann rennt man in den beginnenden Tag hinaus zum nahen Nordseestrand, tollt euphorisch im Wasser herum.
Mit sicherer Hand zeichnet Regisseurin Anne Zohra Berrached in den ersten Minuten ihres dritten Langspielfilms Bilder von reinem Glück zwischen Asli und dem Libanesen Saeed. Dieser ist erst vor Kurzem zum Studium nach Deutschland gekommen und hat sich, wie er seiner Liebsten verrät, nur wegen seiner Familie für Zahnmedizin immatrikuliert – dabei würde er doch viel lieber Pilot werden. Erste Schatten legen sich über das junge Glück, als Aslis verwitwete Mutter ihre rabiate Ablehnung gegen Saeed bekundet – «wir Türken mögen keine Araber». Geschickt lenkt Anne Zohra Berrached, die als 1982 in der DDR als Tochter eines Algeriers und einer Deutschen die Zerrissenheit zwischen zwei Kulturen aus eigener Erfahrung kennt, die Aufmerksamkeit auf diese Fährte. Man wähnt sich als Zuschauer in einem Culture Clash-Drama, bevor sich langsam offenbart, dass es in «Copilot» um Aktivitäten von Saeed geht, die Asli in blinder Verliebtheit in dieser, wie man neudeutsch sagt, «toxischen Beziehung» nicht wahrhaben will.
Erzählt wird die Geschichte ganz aus Aslis Perspektive. Und erst allmählich, anhand der Requisiten wie etwa Telefonkabinen, Briefen und kaum mehr auffindbaren Computern, verortet man das Geschehen in die 1990er-Jahre – die Zeit, in der der Plot «inspiriert von einer wahren Geschichte», wie man zum Filmauftakt erfährt, sich tatsächlich ereignete. So allmählich wie «Copilot» seine schrecklichen Geheimnisse erst nach und nach preisgibt – und der Spoiler wäre jenem von 007’s Ableben in «No Time To Die» vergleichbar, würde man das Ende von «Copilot» verraten. Darüber hinaus gehört das, was die 1987 geborene, noch wenig bekannte Deutsch-Türkin Canan Kir in der Verkörperung der durch Wegschauen mitschuldig gewordenen «Copilotin» Asli schauspielerisch auf die Leinwand bringt, zu den Entdeckungen dieses Kinoherbstes.
Geri Krebs, arttv.ch
Copilot | Die Synopsis
Mitte der 90er Jahre lernt Asli Saeed kennen. Aslis erste Liebe verändert ihr Leben für immer – bevor sie die ganze Welt in ihren Grundfesten erschüttert. Als die kluge Wissenschaftsstudentin Asli mitte 90er Jahre den charismatischen Saeed trifft, ist es Liebe auf den ersten Blick. Das Liebespaar heiratet, und Asli schwört, Saeed treu zu sein und seine Geheimnisse niemals zu verraten. Ihre Zukunft sieht rosig aus, doch als das einundzwanzigste Jahrhundert anbricht, trifft Saeed eine Entscheidung, die nicht nur Aslis Träume zerschmettert, sondern die ganze Welt bis ins Mark erschüttert.
Copilot | Stimmen
«Die einfühlsame Darstellung einer intelligenten Frau, die durch Traditionen und Liebe zum Selbstbetrug verleitet wird» – Fionnauala Halligan, Screen Daily | «Technisch beeindruckend und von zwei herausragenden Darstellern getragen, wandelt Copilot auf einem schmalen Grat, wenn er versucht, die Menschlichkeit hinter dem Extremismus zu ergründen.» – Tara Brady
Anne Zohra Berrached wurde in Erfurt, Deutschland, geboren. Nach ihrem Abschluss in Sozialpädagogik arbeitete sie zwei Jahre lang als Schauspiellehrerin in London. Ihr Filmstudium absolvierte sie an der Filmakademie Baden-Württemberg. Ihr Kurzdokumentar lm «Heilige ] Hure» (2010) wurde auf über 80 Filmfestivals weltweit gezeigt. Sein erster Spiel lm «Two Mothers» (2013) gewann den Dialogue in Perspective Award auf der Berlinale. «24 Weeks», Annes zweiter Spiel, wurde 2016 im Wettbewerb der Berlinale gezeigt und erhielt den Deutschen Filmpreis in Silber.