Dokumentarfilm | Glow
Gabriel Baur («Venus Boyz») zeichnet eine bewegende Hommage an eine grosse Schweizer Diva.
Sie war Muse, Hure, Model und Mutter. Dank ihrer Ausstrahlung und Selbstmystifikation gelangte «Lady Shiva» alias Irena Staub von der Strassenprostitution in die angesagte Kunstwelt, in der sie grosse Erfolge feierte. Trotz Karrieresprung blieb sie eine Seiltänzerin zwischen den verschiedenen Welten, die viel zu jung verstarb.
Zum Film
Rotlichtmilieu, Prostitution, Aufstieg, Abstieg. Gabriel Baur sagt, dass ihr von Anfang an klar gewesen sei, dass sie eben keinesfalls das zeigen wollte, was man ohnehin schon aus so vielen Filmen kennt und woran man seinen Hunger nach Realem aus sicherer Distanz nährt und voyeuristisch befriedigt. Im Zentrum von «Glow» steht vielmehr das universale Thema der Suche nach Freiheit und Anerkennung. Der Film folgt auf Irenas Spuren den grossen Freiheitsversprechen der bewegten Epoche zwischen 1968 und den späten 80er Jahren. Mit teils unveröffentlichtem Archivmaterial und prominenten Weggefährten entführt Baur in eine pulsierende Epoche, die bis heute Sehnsucht weckt und in der für Menschen wie «Lady Shiva» nur der Himmel als Grenze zu existieren schien. «Inmitten all dieser Möglichkeiten nimmt in dieser wilden und egobezogenen Epoche die Zerissenheit des Individuums seinen Anfang», erläutert Baur. «Der feste Boden hat sich unter den Füssen aufgelöst, Verlorenheit und Unsicherheit wird kompensiert durch die gesteigerte Suche nach Anerkennung. Es wird fotografiert und gefilmt, von Polaroid, Selfies bis heute zu Facebook.»
Projektionsfläche
Die Suche nach Anerkennung war die eine essentielle Perspektive in Irenas Geschichte, die vor allem über das Gesehen werden existierte, als Muse, als Reflexion. Irena versuchte daraus auszubrechen – beim Singen beispielsweise als Mitglied der legendären Zürcher Underground-Band «Dressed Up Animals». Es ist ihr nicht wirkich gelungen. Aufgerieben zwischen Erfolg, Freiheitsdrang und Selbstzerstörung verstarb «Lady Shiva» viel zu jung unter nicht restlos geklärten Umständen bei einem Motorradunfall in Thailand. Gabriel Baur («Venus Boyz») will mit ihrem Film aber nicht nur eine Hommage an diese aussergewöhnliche Frau schaffen. sondern ebenso eine Projektionsfläche, die dazu einlädt, selbst in den Spiegel zu schauen: «Lebe ich? Schöpfe ich aus dem Vollen? Ergreife ich meine Chancen? Oder will ich das vielleicht gar nicht? – Wieso?»