Essayfilm | African Mirror
Über das postkoloniale Selbstverständnis der Schweiz – warum unser Blick auf etwas mehr über uns selbst aussagt, als über das Gegenüber.
Der Schweizer Fotograf René Gardi (1909 – 2000) erklärte uns über Jahrzehnte hinweg den afrikanischen Kontinent, er schwärmte von den schönen nackten Wilden und der vormodernen Zeit. Die angeblich heile Welt wurde zu Gardis Paradies und Afrika zur Projektionsfläche für die Sehnsüchte der Zuhausegebliebenen. Der Filmer Mischa Hedinger setzt sich anhand von Gardis Archiv mit unserem Afrikabild auseinander und zeigt, wie wir uns bis heute einem schonungslosen Blick in diesen Spiegel verweigern.
Zum Film
Mischa Hedinger verbrachte sieben Monate in Burkina Faso, wo er für eine NGO Imagefilme realisierte. Er ist sich dabei mehr und mehr seiner persönlichen Verstrickung in Vorurteile und klischierte Afrikabilder bewusst geworden: «Die Rolle als weisser Filmemacher in einem Land, mit dessen Geschichte und Kultur ich nur bedingt vertraut war, löste in mir oft Unbehagen aus.» Er begann deshalb sich für Afrikabilder und deren mediale Vermittlung zu interessieren. Er erinnerte sich irgendwann an die Afrikabücher René Gardis in seinem Elternhaus. Nicht nur seine Eltern – viele Schweizerinnen und Schweizer haben Afrika damals durch Gardi kennengelernt. Das Verhältnis der Schweiz zum Kolonialismus wird heute oft als «Kolonialismus ohne Kolonien» beschrieben. Mischa Hedinger: «Es ist, als kreierte Gardi mit seinem Werk Kolonien für die Schweiz.» Die Schweiz habe zwar selbst nie Kolonien besessen, aber finanziell vom Handel mit den Kolonialmächten profitiert. «Auch das Bildermachen und Verkaufen, wie es Gardi praktizierte, war ein wichtiger Bestandteil dieser anderen Art von Kolonialismus.»
Stimmen
«Mischa Hedinger hat aus dem Material von René Gardis umfangreichem Nachlass in jahrelanger Arbeit einen klug montierten, so hintersinnigen wie tiefgründigen Film über einen ungewöhnlichen Schweizer geschaffen, dessen kolonialistisch geprägtes Afrika-Bild bis heute aus den Köpfen auch von uns aufgeklärten Zeitgenoss*innen nicht ganz verschwunden ist.» – Geri Krebs, arttv.ch | «In seiner brillanten Montage aus Gardis eigenem Archivmaterial, Texten wie Bildern, verzichtet Mischa Hedinger auf jeglichen Kommentar und lässt stattdessen das Material über und gegen seinen Macher sprechen. Ein auf so vielen Ebenen souveräner Film.» – Hannah Pilarczyk, Spiegel Online | «Der Film ist gescheit gemacht, weil er Gardis Afrikabild mit den eigenen Waffen entlarvt: eine Demontage durch Montage.» – Pascal Blum, Tages-Anzeiger | «Ein ungemein kluger, mehrfach verspiegelter Essay zum postkolonialen Selbstverständnis der Schweiz.» – Florian Keller, Wochenzeitung WOZ.