FIFF 2016 | Interview mit Festivaldirektor Thierry Jobin
In seiner Jubiläumsausgabe zollt das Internationale Filmfestival Fribourg FIFF den Frauen im Film Tribut: «Gesellschaftlich gesehen sind Filme von Frauen interessanter», erklärt Festivaldirektor Thierry Jobin. Trotzdem würden ihnen immer noch viele Hindernisse in den Weg gestellt.
Kämpferinnen und Kämpfer im Rampenlicht
Das Internationale Filmfestival Fribourg wurde 1980 von der Helvetas-Frau Magda Bossy gegründet, weil es damals in der Schweiz kaum Filme aus Asien, Afrika oder Lateinamerika zu sehen gab. Der Fokus des FIFF ist seither klar gesetzt: Das Festival tritt ein für Filmschaffende und Kulturen, die auf unserem Planeten mehr als andere zu kämpfen haben. Schon vor zwei Jahren war für den Festivaldirektor Thierry Jobin klar, dass er in der 30. Ausgabe des FIFF den Schwerpunkt auf die «Frauen im Film» setzen wollte – Frauen sowohl vor wie hinter der Kamera.
Kritik von Frauenseite
Thierry Jobin war nicht bewusst, was mit diesem Entscheid auf ihn zukommen würde: Zum einen sind noch nie zuvor so viele Filme eingereicht worden. Zum anderen aber hagelte es nur schon mit der Bekanntgabe des Themas von manchen Seiten Kritik – sogar von Frauen: «Könnt ihr uns nicht endlich einfach arbeiten lassen», hätten etliche Regisseurinnen moniert. «Aber», so betont Thierry Jobin, «niemals handelte es sich dabei um Frauen aus Asien, Lateinamerika oder Afrika.»
«Ich fühlte mich ekelhaft!»
Rund zweitausend Filme von Frauen oder aber Filme von Männern über Themen mit feministischem Ansatz hat Thierry Jobin in den letzten zwei Jahren visioniert: zig Filme über Braut-Verbrennungen in Indien, über Vergewaltigungen von Frauen in Kriegsregionen oder über sexuellen Missbrauch in religiösem Kontext. Filme also, in denen es um sehr offensichtliche, brachiale Männergewalt ging. Dann aber seien ihm durch die Beschäftigung mit dem Thema zunehmend auch die Augen geöffnet worden für die viel subtileren und dennoch allgegenwärtigen Formen des Machtmissbrauchs auch bei uns: Die Tatsache beispielsweise, dass Frauen immer noch viel seltener in Führungspositionen gelangten. Oder die Tatsache, dass den Regisseurinnen sowohl in Hollywood wie auch bei uns in der Schweiz erwiesenermassen kleinere Budgets zugesprochen würden als ihren männlichen Kollegen. «Es war für mich nicht einfach, mich als Mann mit all dem zu konfrontieren», gesteht Thierry Jobin. «Ich fühlte mich geradezu ekelhaft!»
Mehr über Thierry Jobins Erfahrungen und Ideen in Zusammenhang mit dem FIFF im arttv-Videobericht.