Hunger
«Hunger» dokumentiert künstlerisch außergewöhnlich den Alltag der IRA-Gefangenen in den so genannten H-Blocks in einem Gefängnis bei Belfast Anfang der Achtzigerjahre.
Synopsis
Davey Gillen (Brian Milligan) ist Aktivist der IRA in Nordirland. Als er festgenommen und in den berüchtigten H-Block im Maze Prison eingeliefert wird, erwartet ihn dort schon der Ausnahmezustand. Die anderen IRA-Gefangenen befinden sich im Streik, weigern sich Gefängniskleidung zu tragen und sich zu waschen. Nur eine umgewickelte Decke dient ihnen als Bekleidung. Der Protest richtet sich gegen die brutale Behandlung durch die Gefängniswärter – vor allem jedoch wollen die Insassen als politische Gefangene anerkannt werden. Denn aus ihrer Sicht sind sie keine gewöhnlichen Verbrecher, sondern Kämpfer für die Freiheit. Angeführt von Bobby Sands (Michael Fassbender) treten sie schließlich in Hungerstreik, um ihre Forderungen durchzusetzen.
Stars
Es ist schon beklemmend realistisch und schmerzend, wie die Darsteller die Qualen des Hungerns umzusetzen wissen. Michael Fassbender, der zuletzt in «Inglourious Basterds» und «Fish Tank» zu sehen war, gibt dabei gewohnt souverän den obersten IRA-Anführer.
Regie & Crew
Steve McQueen, der sich auch als Installationskünstler und Fotograf einen Namen gemacht hat, gelingt mit «Hunger» ein historisch interessanter sowie künstlerisch eindrucksvoller Spielfilm über eine Zeit der Angst, Bedrohung und politischen Unsicherheit; aber ebenso eine ungewöhnliche Reflexion über das Aufgeben des Körpers als Mittel des Kampfes.
art-tv-Wertung
Es müssen unvorstellbare Qualen sein. Bedrückend detailliert betrachtet McQueen die unendlichen Leiden der Hungerstreikenden, allen voran des zum Märtyrer stilisierten Bobby Sands, dessen letzte Tage von einem erschreckend authentisch spielenden, genialen Fassbender dargestellt werden. «Hunger» ist ein brutaler Film, er erschreckt, weil er den Verfall des Körpers zeigt, die Erniedrigung des Individuums, die Bereitschaft eines Menschen für seine Überzeugung zu sterben. Das Leid der Protagonisten, deren Folterqualen sofort die Bilder aus Guantanamo heraufbeschwören, verstört den Zuschauer; die nicht enden wollenden Schläge, Tritte, Schreie, Qualen sind oft an der Grenze zum Unerträglichen – gerade im Kontrast zu den nüchternen, ruhig erzählten Passagen. «Hunger» entfaltet eine beklemmende Ästhetik des Schreckens einer Gefängnis-Parallelwelt, in der das Verhalten beider Gruppen – Gefangener und Wärter – wertungsfrei nebeneinander gestellt wird. Der Film ist vor allem ein Kunstwerk, keine Dokumentation – der Blick richtet sich mehr auf die involvierten Akteure als auf den politischen Kontext – so wird die Kenntnis der Vorgeschichte des Nordirland-Konflikts und seiner Protagonisten denn auch mehr oder weniger vorausgesetzt. Eine kurze Zusammenfassung zu Beginn wäre vielleicht hilfreich gewesen.
Fazit
«Hunger» ist eine in fast jeder Hinsicht überzeugende filmische Umsetzung des dramatischen Verlaufs der IRA-Historie und zugleich ein eindrückliches Kunstwerk über das Leiden des Individuums.
(Maximilian Haase)