Internationale Kurzfilmtage Winterthur | Gewinner 2015
- Publiziert am 9. November 2015
Die Würfel sind gefallen: Das Kollektiv «The Propeller Group» aus Vietnam gewinnt den Hauptpreis der 19. Internationalen Kurzfilmtage Winterthur. Der siegreiche Kurzfilm verbindet Tradition und Moderne und besticht durch seinen «rasenden Rhythmus».
Internationaler Wettbewerb
Es war eine intensive Woche für die fünf Juroren der 19. Internationalen Kurzfilmtage Winterthur. 39 Filme galt es alleine im Internationalen Wettbewerb zu visionieren. Luciano Barisone, Sally Berger, Calmin Borel, Lamia Joreige und Vangelis Mourikis wählten daraus den vietnamesischen Experimentalfilm «The Living Need Light, The Dead Need Music» des Kollektivs «The Propeller Group» als Gewinner des Hauptpreises (12’000 CHF, SRG SSR). Die Jury lobt den Film dafür, dass er eine Brücke zwischen Tradition und Moderne schlägt, indem er überlieferte Kultur und Performance-Kunst, dokumentarisches und inszeniertes Filmmaterial, visuelle Schönheit und rasenden Rhythmus gekonnt vermischt. Den Förderpreis (10’000 CHF, Sulzer-Stiftung Winterthur) vergibt die Jury an «Totem» (Norwegen 2015) von Marte Vold – für einen Film, der auf überzeugende und originelle Weise den Moment eines leichten Unwohlseins in einer Beziehung zeigt. Mit nüchterner Dramaturgie, mit kühlem, fast grausamem Blick und mit viel Humor und Geschick bedient sich der Film der Mittel der Tragikomödie.
Preise für die Romandie im Schweizer Wettbewerb
Den Preis für den besten Schweizer Film (10’000 CHF, suissimage/SSA) vergibt die Jury an «Nuestro Mar» (Schweiz 2015) der Genferin Eileen Hofer und würdigt seine feine und sorgfältige Beobachtungsgabe. Hofers Werk sei «voller zärtlicher Blicke, tiefgründiger Dialoge, Hoffnung an eine strahlende Zukunft trotz trister Gegenwart, geträumt vor der Grenzenlosigkeit des Horizonts». Lobend erwähnt die Jury zudem die dramaturgische Stärke von «Moriom» (Schweiz 2015) der in Fribourg wohnhaften Francesca Scalisi und Mark Olexa: «Moriom» lasse uns in das Universum des Wahnsinns eintreten als Teil der realen Welt und einer Gesellschaft, in der Ungerechtigkeit und Gewalt jegliche Humanität verunmöglichen. Der Schweizer Kamerapreis (11’500 CHF, Sachpreis, Canon) geht an den Genfer Maxime Kathari. Kathari wird für seine Kameraarbeit im Kurzfilm «O som da casa» (Frankreich/Schweiz 2015) ausgezeichnet, bei dem er auch Regie führte. Die Jury beeindruckt die Art und Weise, wie die Kamera im Film die Gefühle zweier Menschen feinfühlig einfängt und uns das Mysterium des Lebens durch die Augen der Protagonisten zuteil werden lässt.
Publikumspreis für Matthias Sahli aus Winterthur
Auch das Publikum hatte die Wahl: 58 Filmen aus 25 Länder standen zur Auswahl. Einem Winterthurer gelang am Ende der Coup: Das Publikum vergibt seinen Preis (10’000 CHF, Zürcher Kantonalbank) an «Hausarrest» (Schweiz 2015) von Matthias Sahli. Sahli realisierte den Film im Rahmen seines Bachelor-Studiums an der Zürcher Hochschule der Künste ZHdK und war damit bereits im Wettbewerb des letzten Filmfestivals Locarno vertreten. «Wir hatten in den letzten Jahren immer wieder Winterthurer Regisseure im Wettbewerb. Der Lokalvorteil alleine war aber noch nie ausschlaggebend für den Publikumspreis», so John Canciani, der künstlerische Leiter der Kurzfilmtage, «Matthias steht am Anfang seiner Karriere und verfügt bereits jetzt über eine ganz eigene Bildsprache – schön, dass unsere Besucher dies zu schätzen wussten.»
Hochschule Luzern mit bestem Schweizer Schulfilm
Im Rahmen des 8. Schweizer Filmschulentags wurde der Preis für den besten Schweizer Schulfilm (5’000 CHF, SRG SSR) verliehen. Dieser ging an «Seemannsgarn» (Schweiz 2015) von Claudia Wirth und Julia Munz von der Hochschule Luzern, Studiengang Animation. Die Jugend ihrerseits richtete über das eigens für sie zusammengestellte Jugendprogramm und vergibt den mit 500 Franken dotierten Jugendfilmpreis an «If Mama Ain’t Happy, Nobody’s Happy» (2014) der Holländerin Mea Dols de Jong. Der ausserhalb des Wettbewerbs vergebene Shortrun-Preis für das vielversprechendste Drehbuch geht an Nikola Ilić für sein Projekt «Rakijada». Die Auszeichnung beinhaltet Postproduktions-Sachleistungen in der Höhe von 12’000 Franken (tweaklab AG).
Kurzfilme über Winterthur: Standing-Ovation
Zum Highlight der diesjährigen Kurzfilmtage wurden die Filmvorführungen des Projekts 5 × 5 × 5. Während fünf Wochen waren fünf Filmschaffende aus fünf Krisenregionen dieser Welt zu Gast in Winterthur, um fünf Kurzfilme über die Region Winterthur und ihre Menschen zum Thema «Im Exil» zu realisieren, zusammen mit Studierenden der Zürcher Hochschule der Künste, der Hochschule Luzern und der Fachschule für Tontechnik. Die Weltpremiere dieser Filme zog gestern Samstag rund fünfhundert Besucher ins Theater Winterthur. Den Filmschaffenden Layla Abyad (Syrien), Sahera Dirbas (Palästina), Alina Rudnitskaya (Russland), Dmytro Tiazhlov (Ukraine) und Naama Noach (Israel) war es gelungen, in kürzester Zeit berührende und humorvolle Filme zu produzieren. Am Ende spendete das Publikum grossen Applaus. «Ein sehr emotionaler Moment für die fünf Filmemacher, insbesondere aber auch für uns Organisatoren. Die Vorführung von 5 × 5 × 5 führte Branche und vor allem auch Besucher aus Winterthur zusammen, um gemeinsam die Leidenschaft für den kurzen Film zu zelebrieren. Beste Voraussetzungen für die nächstjährige Ausgabe, zu welcher die Winterthurer das 20-Jahre-Jubiläum ihres Kurzfilmfestivals feiern dürfen», so Remo Longhi, Kaufmännischer Leiter der Kurzfilmtage. Über 650 Gäste der internationalen Kurzfilmbranche besuchten Winterthur über die letzten Tage, das Festival zählte über alle Tage 17’000 Eintritte.