Kino | Easy Virtue
«Easy Virtue» ist eine rassige, kühne, feine, charmante und kurzweilige – eher schwarze – Komödie, an der es fast nichts auszusetzen gibt…
Synopsis: Ihr Aussehen betört, sie ist wortgewandt, keck, Amerikanerin und liebt schnelle Autos – Larita. Er ist jung, kommt aus gutem Hause, ist Engländer und gänzlich in Larita verschossen – John. Sie heiraten einander heimlich und besuchen daraufhin Johns Familie im gut situierten Landsitz. Die «Goldenen Zwanziger» stehen nicht zwingend für Offenheit oder Toleranz. Moral und Sitte (je nach Betrachtungsweise: Unmoral und Unsitte) werden dagegen auf Händen getragen. So gesehen erstaunt es nicht, dass Johns Mutter (Mrs. Whittaker), sie ist antiquiert bis ins Mark, nicht sonderlich erfreut ist über diesen Ehebund. Larita wird rundum wortreich gepeinigt und gepiesackt. Auch wenn sie zuweilen an die Grenze der Verzweiflung gebracht wird, gibt sie nicht auf und offenbart wunderbar das Biest in ihr. Als schliesslich Mr. Whittaker ihrem Charme zu erliegen scheint, droht das Ganze zu explodieren. Stars: Jessica Biel (Larita) spielt ihre Rolle «leichtfüssig». Dieser Charakter scheint ihr förmlich auf den Leib geschneidert zu sein. Schön, eloquent, aufmüpfig und eigenständig denkend. Colin Firth spielte schon in «The English Patient» und «Notting Hill», und führt hier als Mr. Whittaker einen bezaubernd schwarzen Humor spazieren. Kristin Scott Thomas (Mrs. Whittaker), die man etwa aus «Random Hearts», «Four Weddings and a Funeral» und «Bitter Moon» kennt, besticht durch ihre verknorkste Art, die absolut keinen Humor beherbergt. Sie gibt sich derart verstaubt, als sei sie gerade eben aus Omas Klamottenkiste gehievt worden. Böse, verzweifelt und ungeduldig macht sie den Beteiligten das Leben schwer – und ihren eigenen Alltag auch. Löblich zu erwähnen ist überdies der Butler Furber, gespielt von Kris Marshall, der zum Beispiel in «Death at a Funeral» sein Talent zur Schau stellte. Regie: Der australische Regisseur Stephan Elliott («The Adventures of Priscilla», «Queen of the Desert», «Eye of the Beholder») drehte seinen jüngsten Streich unter anderem auf dem historischen Anwesen Flintham Hall in Nottinghamshire. Der Film basiert auf dem gleichnamigen Theaterstück (1928) von Noel Coward. Der 1973 verstorbene Schauspieler, Schriftsteller und Komponist war offenbar auch für den britischen Inlandsgeheimdienst MI5 tätig. Übrigens: Alfred Hitchcock verfilmte «Easy Virtue» auch schon. Übrigens II: Stephan Elliott, der zwischenzeitlich der Filmindustrie seinen Rücken zukehrte, währenddessen er fast ums Leben kam, verdiente sich früher als emsiger Hochzeitsfotograf sein Geld.
art-tv-Wertung: Dieser Feelgood-Movie mit bestechend witzigen Dialogen und einer ansteckenden Lebensfreude (O-Ton Pressetext) ist fürwahr kurzweilig, erquickend, charmant und gespickt mit famosen Unterhaltungen. Der omnipräsente zynische Unterton bringt Abwechslung und manchmal sogar eine harsche Note ins Geschehen, was dem Film allerdings äusserst gut bekommt. Die Rollen sind gut verteilt, jede Person scheint darin förmlich aufzublühen. «Easy Virtue» ist eine (schwarze) Komödie mit teils Bizarren Geschehnissen, die wirklich empfehlenswert ist. Das Einzige, das bemängelt werden kann, sind die singenden Ausflüge von John Whittaker (Ben Barnes). Auch wenn diese jeweils nur kurz andauern, so strapazieren sie leider doch sehr. Doch dies ist auch fast das einzige Manko des Films. Fazit: Mit diesem wahrhaftigen Kinoleinwandspass wird der Frühling mehr als nur versüsst!
Cyril Schicker