Kino | Goodbye Solo
Eine wunderbare Geschichte über zwei grundverschiedene Menschen und das Leben.
Synopsis: Solo (Souléymane Sy Savané) ist ein junger, lebensfroher Immigrant, der mit Taxifahren Geld für seine Familie im Senegal verdient. Eines Tages steigt ein Fahrgast namens William (Red West) in sein Auto, ein alter mürrischer Südstaatler, der Solo Tausend Dollar bietet, um ihn zu einem abgelegenen Berggipfel zu bringen – ohne Rückfahrt wohlgemerkt. Solo beginnt sich Sorgen zu machen, denn augenscheinlich plant der verbitterte und depressive Mann, seinem Leben ein Ende zu setzen. Mit fröhlichem Charme versucht Solo, sich dem zunächst unfreundlichen Fahrgast anzunähern und mehr über ihn herauszufinden. Der aufgeschlossene Solo kümmert sich um William, stellt ihm seine Familie vor und lässt keine Bemühung aus, eine Freundschaft aufzubauen. Doch es scheint schwierig, den abweisenden, schweigsamen William auftauen zu lassen und von der Schönheit und Freude des Lebens zu überzeugen. Stars: Souléymane Sy Savané, der in Cote d’Ivoire geboren wurde und in New York Schauspiel studierte, empfiehlt sich mit einer herausragenden Leistung in «Goodbye Solo» für weitere Rollen. Nette Notiz am Rande ist, dass Savané, der sich im Film in der Rolle Solos nichts sehnlicher als einen Job als Flugbegleiter wünscht, vor seiner Schauspielkarriere tatsächlich als Steward gearbeitet hat. Red West, einst guter Freund und Bodyguard von Elvis, kann mit der Darstellung des traurigen, vom Leben gezeichneten William ebenfalls glänzen. Regie: Ramin Bahrani, der 1975 als Sohn iranischer Eltern geboren wurde, lässt seinen insgesamt fünften Film in seiner Geburtsstadt Winston-Salem (North Carolina) spielen. Mit «Goodbye Solo», Gewinner des Preises der internationalen Kritik in Venedig, führt er den in seinen vorherigen Filmen entwickelten emotionalen Realismus fort und bekräftigt damit seinen Ruf als exzellenter US-Independent-Regisseur.
art-tv-Wertung: Es ist einer dieser wunderbaren Filme, bei denen man das Kino mit einem zufriedenen Seufzer verlässt und – ob der Besonderheit des Lebens – ein wenig sentimental wird. Gewiss besitzt «Goodbye Solo» eine grundlegende, rührselige Emotionalität – jedoch ohne jemals in Selbstzufriedenheits-Kitsch abzugleiten. Man kann dem Film zwar vorwerfen, Stereotypen zu produzieren: der sympathische, lebensbejahende schwarze Immigrant einerseits und der lebensmüde, deprimierte weiße Alte andererseits. Bahrani benutzt diese Konstellation aber eindrucksvoll für die Skizze einer Beziehung, in der grundverschiedene Lebensauffassungen und Philosophien aufeinandertreffen. Ähnlich wie Eastwoods «Gran Torino» zeichnet der Regisseur damit auch ein Bild des zeitgenössischen Amerikas, in dem das Verhältnis von Tradition und Moderne auf der persönlichen Ebene erfahrbar wird. Die wohlwollende Gütigkeit, die Solo dem fremden Mann entgegenbringt, auch dann, wenn sie nicht erwidert wird, zeigt welch utopisches Potential das direkte menschliche Zusammentreffen für das friedliche Miteinander verschiedener Kulturen birgt. Allerdings zeigt das ungewisse Ende im Film auch, wie schwer erreichbar und fragil eine solche zwischenmenschliche Basis eigentlich ist. Fazit: Ein schöner Film über Menschlichkeit unter den Umständen der Verschiedenheiten einer globalisierten Welt.
Maximilian Haase