Kino | John Rabe
Eine wahre Geschichte hat einmal mehr den Weg in die Kinos gefunden. Das preisgekrönte Drama überzeugt durchaus, harsche Gegebenheiten stossen dabei auf Fürsorge – letzteres wird leider nicht immer belohnt.
Synopsis: Wir befinden uns im Jahre 1937 in Nanking, der Hauptstadt von China. Seit vielen Jahren leitet John Rabe (Ulrich Tukur) hier die deutsche Siemens-Niederlassung. Gerade als er nach Berlin zurück beordert wird, bombardieren japanische Kampfflugzeuge die Stadt. Panik bricht aus und Rabe öffnet die Tore des Firmengeländes, um die schutzsuchenden Familien seiner Arbeiter in Sicherheit zu bringen. Diplomat Rosen (Daniel Brühl), die College-Rektorin Valérie (Anne Consigny) und Chefarzt Wilson (Steve Buscemi) helfen dem deutschen Kaufmann bei dem Versuch, eine riesige Sicherheitszone aufzubauen. Obwohl die japanische Armee mit ungeahnter Brutalität gegen die Zivilbevölkerung vorgeht, gelingt es Rabe und seinen Mitstreitern, den Japanern die geplante Sicherheitszone abzutrotzen. Hunderttausende strömen in die Zone. Doch die schändlichen japanischen Übergriffe nehmen kein Ende und die Versorgungssituation wird immer dramatischer. Schliesslich planen die Japaner, die Zone unter einem Vorwand zu stürmen und für Rabe beginnt nun ein Wettlauf gegen die Zeit. Stars: Ulrich Tukur (John Rabe) spielt seine Rolle durchwegs gut und überzeugend. Selbst sein Englisch – nicht nur im Vergleich mit Daniel Brühl – kommt gut an. Steve Buscemi, der in die Rolle des Oberarztes schlüpft, macht wie meist viel Freude und versprüht einen köstlich-zynischen Charme. Teruyuki Kagawa (japanischer Prinz) und seine ranghöchsten Gefolgsmannen (Tetta Sugimuto und Akira Emoto) bringen die Unerschrockenheit und Brutalität authentisch rüber. Regie & Crew: Der junge Drehbuchautor und Regisseur Florian Gallenberger («Schatten der Zeit», «Honolulu», «Quiero Ser», «Tango Berlin»), studierte Psychologie, Philosophie und Russisch, bevor er sich mit raschem Erfolg und etlichen Auszeichnungen, zuletzt beim Deutschen Filmpreis für «John Rabe», in der Filmwelt einen Namen machte.
art-tv-Wertung: Trotz den unheilvollen 130 Filmminuten neigt der Zuschauer nie dazu einzunicken oder sich davon zu stehlen. Die Mischung aus verschiedenen Kulturen und Einstellungen sowie die dramatische und brachiale Abhandlung sorgen für eine äusserst gute Unterhaltung. Das Drama beruht auf einer wahren Geschichte und kam nur zustande, weil es «der Schindler von China» geschafft hatte, seine Tagebücher vor all seinen Feinden zu schützen. Fazit: Der Film ist angesichts des tragischen Hintergrundes nicht zwingend spassig, aber es macht dennoch Freude, sich während mehr als zwei Stunden im Kinosessel zu räkeln. Etwas zu lachen gibt es auch Dank des Duos Tukur-Buscemi.
Cyril Schicker