Kino | Tokyo
«Tokyo!» Mysteriös und unberechenbar. Drei Regisseure, drei fantasievolle Kurzfilme, über und aus der Hauptstadt Japans…
Synopsis: In der Tradition von Filmen wie «Night on Earth» oder «Paris je t’aime» kreieren die drei Filmemacher Bong Joon Ho («The Host»), Leos Carax («Les amants du pont-neuf») und Michel Gondry («Eternal Sunshine of the Spotless Mind») jeweils eigene fantasievolle Kurzgeschichten über und aus der pulsierenden Metropole Tokyo. «Interior Design» (Michel Gondry): Ein junges Liebespaar plant, sich in Tokyo niederzulassen und übernachtet vorübergehend bei einer Bekannten. Der Grosstadtstress führt zum Zwist über die gemeinsamen Ziele des Paares, bis die junge Frau davonläuft und zum Objekt einer Verwandlung wird…«Merde» (Leos Carax): Eine mysteriöse Kreatur sorgt für Hysterie in den Strassen Tokyos. Immer wieder taucht Merde, die «wilde Kreatur aus der Kanalisation», auf und tyrannisiert mit ihren Racheaktionen die Bevölkerung. Als Merde schliesslich gefasst und verurteilt wird, stellt sich erst die Übermenschlichkeit dieses Wesens heraus…«Shaking Tokyo» (Joon Ho Bong): Seit mehr als zehn Jahren ist er schon ein «hikikomori». Er lebt eingeschlossen in seiner Wohnung, abgetrennt von der äusseren Welt. Als während eines Erdbebens eine Pizzalieferantin in seinem Wohnzimmer in Ohnmacht fällt, passiert etwas Undenkbares: Er verliebt sich. Stars: Der Schweizer Schauspieler Jean-François Balmer ist als Maître in «Merde» zu sehen. Regie: Michel Gondry ist mit seinen Musikvideoproduktionen für Stars wie Björk oder Radiohead bekannt geworden. Wie bereits in «Les Amants Du Pont-Neuf» dreht Leos Carax wiederum mit Denis Lavant.
art-tv Wertung: Durch das Sammelsurium von fantasievollen Kurzfilmen stellt «Tokyo!» die Hauptstadt Japans als unberechenbare und mysteriöse Metropole dar. Die Botschaft ist eindeutig: Tokyo lässt sich in kein Raster stecken! Tokyo ist aufregend und anstrengend zugleich: Angefangen bei Alltäglichem wie Job- und Wohnungssuche, über Unkalkulierbares wie Erdbeben oder plötzliches Verlieben bis zu furchterregenden aus dem Untergrund auftauchenden Gestalten, die die Stadt in Atem halten. Der Film überzeugt durch seine Innovationskraft und Fantasie, gleichzeitig werden durch die drei Kurzfilme jedoch auch unterschiedliche Kamerastile und Montagerhythmen kombiniert, die (absichtlich) kein ganzes und homogenes Bild entstehen lassen. Dies und das dargestellte Gesamtbild Tokyos an sich sind fragwürdig. Ist Tokyo denn eine furchterregende Stadt, die primär Flucht- und Rachegedanken auslöst? Wohl kaum. Fazit: Fantasievoll, unberechenbar, furchterregend, verzerrend.
Sebastian Mayr