Kino | Trans-Cutucú
- Publiziert am 4. Februar 2010
Einen ungewöhnlichen Ausflug in den Urwald beschert uns Lisa Faessler mit ihrem neuen Dokumentarfilm über das ecuadorianische Bergmassiv Cutucú, der Tür zur drängenden Zivilisation.
Synopsis: Ein Medizinmann ruft seine Geister mit Hilfe eines Rituals. Kurz darauf verfolgt man das Verladen von Maschinen und Nutzgütern, die mit dem Flugzeug in entlegene Dörfer inmitten des Urwaldes geflogen werden. Parallel zu den aufklärerischen Bemühungen im Kleinen wird eine Strasse durch den Urwald gebaut: die Trans-Cutucú. Das Bergmassiv Cutucú hat bis jetzt den Zugang zur Zivilisation versperrt. Bagger heben riesige Steine aus dem Flussbett, Bäume fallen, Schutt rollt. Die Shuar, einst Ureinwohner einer beseelten Natur, haben sich auf das Holzfällen und den Verkauf von Brettern spezialisiert. Der Regenwald um Cutucú ist ein einziger, emsiger Arbeitsplatz. Regie & Crew: Die Schweizer Dokumentarfilmerin Lisa Faessler, bekannt durch Filme wie «Shuar – Volk der heiligen Wasserfälle» (1987) und «Tanz der blauen Vögel» (1993) hat auch in diesem Film den Urwald nicht verlassen und weist auf seine wachsende Bedrohung durch die endlose Profitgier der Menschen hin.
art-tv-Wertung: Dieser Dokumentarfilm bietet ungewöhnlich menschliche Einblicke in die prekäre Lage im ecuadorianischen Regenwald. Das Nebeneinander von Medizinmannritualen, die an die Einheit der Ureinwohner mit der Natur erinnern, und vom profitorientierten, geschäftigen Treiben ist wirkungsvoll. Manchmal wünscht man sich jedoch mehr Informationen zum Geschehen, da die Orte und die Zusammenhänge dem Zuschauer ja nicht zwingend bekannt sind. Der Film erspart sich durch seine vorwiegend beobachtende Haltung eine Beurteilung. Lisa Faessler scheint vor allem zeigen zu wollen, was für einen Alltag die Menschen in diesem Umfeld heute haben und wie sich die Ureinwohner des Regenwaldes zwangsläufig mit der Zivilisation auseinandersetzen müssen – ja auch eine neue Zugehörigkeit suchen. Schwierig ist angesichts des bestehenden Dilemmas, einen klaren Standpunkt zu beziehen; und doch vermisst man diesen Ansatz ein wenig. Fazit: Dieser Dokumentarfilm ist ein menschennaher Einblick in das heutige Leben am Bergmassiv Cutucú, an der Schnittstelle zur vordrängenden Zivilisation der modernen Welt – der Film schreit nach Lichtblicken angesichts der düsteren Perspektive.
Isabel Rohr