Kino | Whatever Works
Woody Allens neuester Streich schildert leichtfüssig eine bizarre Liebesgeschichte, die er erneut in der Grossstadt New York ansiedeln lässt.
Synopsis: Der egozentrische und neurotische Quantenphysiker Boris Yellinikoff (Larry David) verbringt seinen Alltag damit, über die Menschheit herzuziehen und seine Kneipenkumpels mit zynischen Ratschlägen zu unterhalten. Nachdem seine Ehe in die Brüche gegangen ist, schreckt er auch vor einem Suizidversuch nicht zurück. Eines Abends trifft er auf die naive Ausreisserin Melody (Evan Rachel Wood), die er widerwillig bei sich für eine Nacht beherbergt. Die junge Südstaaten-Schönheit lässt sich nicht so leicht abwimmeln. Boris’ Weltweisheiten verzücken sie und schon bald gesteht sie ihm ihre Zuneigung. Es entsteht eine eigenartige Romanze und blitzschnell heiratet das gegensätzliche Paar. Mit der plötzlichen Anreise von Melodys bornierten Eltern (Patricia Clarkson und Ed Begley Jr.) sind Probleme vorprogrammiert. Stars: Larry David imponiert in der Rolle des eigentümlichen Weltpessimisten. In den USA ist er als Drehbuchautor und Produzent bekannter TV-Formate wie «Seinfield» ein Begriff. Highlight ist Patricia Clarkson («Dogville», 2003), die sich vom katholischen Mütterchen zur sexuell befreiten Künstlerin mausert. Evan Rachel Wood («Thirteen», 2003) zeigt sich derweil als unterbelichtete Melody von ihrer amüsanten Seite. Regie & Crew: Nach «Vicky Christina Barcelona» (2008) verwirklichte Woody Allen mit «Whatever Works» ein Projekt, das er schon vor über 30 Jahren geplant hatte. Die Rolle von Boris hatte er dem 1977 verstorbenen Schauspieler Zero Mostel auf den Leib geschneidert.
art-tv-Wertung: Woody Allen zeigt mit «Whatever Works» erneut, wie auf unkonventionelle Weise eine ungewöhnliche Liebesgeschichte erzählt werden kann. Die Barriere zum Zuschauer wird gleich zu Beginn gebrochen, wenn Boris scharfzüngig das Publikum aufklärt, sich bloss nicht auf einen Feelgood- Movie einzustellen. Nur er sieht die Kamera. Denn die andern Figuren zeigen sich angesichts seiner Selbstgespräche verblüfft. Die kontinuierlichen Reflexionen des Protagonisten stören aber keineswegs: die Handlung wird mit spitzzüngigen Aussagen seinerseits bereichert, die neben den vielen bissigen Dialogen zusätzlich für Lacher sorgen. Erstaunlich: Trotz grosser Alters- und Intelligenzdifferenz scheint die Beziehung zwischen der urteilslosen Melody und dem alternden Boris geglückt – und damit auch der Film. Die neue Gefährtin bringt Boris nicht nur die notwendige Selbstbestätigung entgegen, sie verzeiht ihm auch seine Ticks. Melody profitiert von Boris‘ Wissen und wächst immer mehr zu einer selbstständigen Frau heran. Dabei entfalten sich aberwitzige Gesprächssituationen, denen man auch gerne etwas länger zuhört. Die Grossstadt New York fungiert als Katalysator im Leben der Charaktere, indem sie ihnen ihre wahre Berufung nach und nach entlockt. Es ist herrlich zu beobachten, wie der städtische Aufenthalt die fanatisch-katholische Fassade Melodys Eltern zerfallen lässt. Auch wenn das Ende womöglich ein wenig zu illusionistisch geraten ist, spielt das hier keine Rolle. Ganz nach dem Motto: Was auch immer funktioniert. Fazit: Eine schrille Liebeskomödie à la Allen, die durch cleveren Witz und viel Charme vergnügt.
Martina Felber