Kino | When You re Strange
Dank bisher unveröffentlichtem Material lässt Regisseur DiCillo den Mythos um «The Doors» wieder aufleben.
Synopsis: Regisseur Tom DiCillo führt durch ein Stück Bandgeschichte, die mit der Geburtsstunde der «The Doors» im Sommer 1965 anfängt, über ihren langsamen Zerfall durch die Drogeneskapaden Jim Morrisons hinweg führt und 1971 mit dessen Tod in Paris endet. Mit ihrer Affinität zum Blues brachte die Rockgruppe frischen Wind in die Musikwelt und traf damit vor dem historischen Hintergrund der Swinging 60ies den Nerv der Zeit. Beliebt bei den «Ungebetenen» wurden sie musikalische Träger einer ganzen Counterculture. Nicht ohne Grund wurde der rebellische Leadsänger schon zu Beginn der Karriere als «sick bastard» beschimpft. «When you’re strange» zeigt, was die Band um Jim Morrison alles erlebte, wie sie in fünf Jahren sechs Alben produzierten, wie ihre Texte die Zensur unterliefen und wie sie immer wieder mit skandalösen Auftritten für Furore sorgten. Dabei versucht die Doku den Mythos aufrechtzuerhalten und hört dank ungesehenem Originalmaterial gleichzeitig nicht auf, Neues über den Werdegang der Band zu enthüllen. Stars: Im Mittelpunkt stehen die Bandmitglieder rund um «The Doors». Johnny Depp («Puplic Enemies», 2009) rezitiert derweil die Gedichte des verstorbenen Morrison. Regie & Crew: Tom DiCillo erhielt 1979 seinen MA in Regie an der Filmschule der NYU. Für Schulkollege Jim Jarmusch filmte er «Stranger than Paradise» bevor er 1991 seinen ersten Spielfilm «Johnny Suede» mit Brad Pitt und Catherine Keener in den Hauptrollen realisierte.
art-tv-Wertung: Aus den Lautsprechern eines Autoradios ertönt die Todesanzeige Jim Morrisons – dem Fahrer stockt der Atem. Fiktive Sequenzen um einen Doors-Anhänger, werden folglich die eigentliche Doku beständig unterbrechen. Die Zeit wird angehalten, zurückgespult, dann flimmern unzählige Impressionen im Schnelldurchlauf zurück zum Anfang. «When You’re Strange» zeichnet nun chronologisch, ohne verfälschte Nostalgie die Entstehungs- und Erfolgsgeschichte der Band nach und untermalt sie dabei jeweils stationär mit den passenden musikalischen Highlights. Für jeden zugänglich und griffig, kann der Film vielleicht nicht mit neuen Fakten, aber umso mehr mit neuen Bildern oder Interviewschnipseln den noch so eingefleischten Fan überzeugen. Denn Regisseur DiCillo trumpft mit raren Foto- und Filmaufnahmen u.a. von Gigs, Proben oder sogar von Kurzfilmen Morrisons auf. Der Blick schweift stets nicht nur über die populären Konzertmitschnitte oder die biographischen Höhen und Tiefen von Jim und Co.: Ebenso offenbaren persönliche Aussagen und Gedichte die tiefsten Unsicherheiten und Gedanken des poetischen Musikers Morrison, der das Rampenlicht genoss und dennoch daran zerbrach. Die Montage und das effektvolle filmisches Arbeiten am Archivmaterial erzeugen eine dynamische Dokumentation, die bestimmt nicht langweilt. Fazit: Ein Biopic über eine der einflussreichsten Bands der 60-er, das einen tiefen Blick hinter die Kulissen gewährt.
Martina Felber