Schweizer Filmpreis 2021 | Manöverkritik
- Publiziert am 27. März 2021
Wohlfühlakt im Glashaus - Die Preisverleihung ist das Einzige, was in der Schweizer Filmbranche in einem Jahr Covid perfekt gelaufen ist.
Wie am Schnürchen, ohne einen einzigen Moment ins Stocken zu geraten oder etwas von der Unsicherheit hereinzulassen, welche die ganze Filmbranche seit einem Jahr begleitet, präsentierte sich der Schweizer Filmpreis 2021. Die Absicht war bestimmt, Zuversicht zu verbreiten und die Filmwelt davon zu überzeugen, dass alles gut ist oder die Rückkehr zur Normalität höchstens noch eine Frage von ein paar Wochen oder Monaten sein kann.
Ein schüchternes Hallo
Hängt es nur an den auf Promptern abgelesenen Reden von Berset, Kummer & Co., welche den Eindruck erweckten, hier werde etwas vorgeführt, das den Realitäten nicht ganz entspricht? Merkwürdig, dass eine virtuelle Preisverleihung, welche via Zoom in die Arbeits-und Wohnzimmer der Nominierten dringt, nur so wenig über eine solche Fragmentierung der Wahrnehmungswelten aussagt. So dürfen die Zugeschalteten gerade mal ein schüchternes Hallo platzieren, kein Wörtchen mehr. Und auch von den Gewinner*innen erfährt man kaum etwas Substanzielles: Der Moderatorin ist es wichtiger, sie auf den im Hintergrund sichtbaren «Fanclub» oder die auf den Knien sitzenden Kinder anzusprechen, was nun wirklich herzig ist, aber nichts aussagt, über das in den letzten zwölf Monaten Erlebte. Mit keinem Wort wird erwähnt, dass die Kinosäle gerade acht Monate geschlossen waren. Noch dass sich jetzt Filme seit Monaten in der Warteschlaufe befinden, es immer mehr werden und eine – vom Filmchef mit der Ankündigung des noch nicht einmal zu Ende gedachten Vorschlags zehn Mal 50’000 Fr. für Schweizer Filme noch befeuerte – Überhitzung absehbar ist.
Vergeblich hat man darauf gewartet, dass jemand es anspricht: Die Schwächung einer ganzen Branche, die abgesagten Dreharbeiten und die unterbrochenen oder immer wieder verschobenen Kinoauswertungen, die existenziellen Zweifel und Ängste, wie morgen beschaffen sein wird… Obwohl wir der Filmpreisverleihung vom Kanapee aus zuschauen, muss sie noch lange keine Therapiestunde sein. Dieser Einwand ist völlig richtig. Aber soll sie nur ein Wohlfühlakt im Glashaus sein?
Kommentar Mischa Schiwow