The Turin Horse
Es gibt das zeitgenössische Kino, und es gibt Béla Tarr, der sich mehr und mehr von diesem entfernt. Béla Tarr ist so etwas wie eine Insel, der Wächter eines Kinos im Sinne der Apokalypse.
Zum Film
«Am 3. Januar 1889 tritt in Turin Friedrich Nietzsche durch die Tür des Hauses Via Carlo Alberto 6. Nicht allzu weit weg von ihm hat der Kutscher einer Pferdedroschke Ärger mit einem widerspenstigen Pferd. Trotz all seiner Ermahnungen weigert sich das Pferd, sich in Bewegung zu setzen, woraufhin der Kutscher die Geduld verliert und zur Peitsche greift. Nietzsche nähert sich dem entstehenden Gedränge und setzt dem brutalen Verhalten des Kutschers ein Ende, indem er schluchzend seine Arme um den Hals des Pferdes legt. Sein Vermieter bringt ihn anschliessend nach Hause, und zwei Tage lang liegt er bewegungslos und stumm auf dem Sofa, ehe er berühmte letzte Worte spricht und noch weitere zehn Lebensjahre stumm und umnachtet unter der Obhut von Mutter und Schwestern verbringt. Was mit dem Pferd geschah, wissen wir nicht.» So Béla Tarr im einführenden Vorspanntext seines Films. Er beschreibt in unmittelbarem Anschluss an das Ereignis mit grosser Genauigkeit das Leben des Kutschers, seiner Tochter und auch des Pferdes. Gedreht hat der ungarische Regisseur in seiner unverwechselbaren Handschrift: mit langen Kameraeinstellungen, in Schwarzweiss und unter weitgehendem Verzicht auf Dialoge.
Stimmen
Streng, schön und schweigend ist der Film. Anke Westphal, Berliner Zeitung | Wer die zweieinhalb Stunden von Béla Tarrs invertierter Schöpfungsgeschichte durchhält, wird mit einem filmästhetischen Meisterwerk belohnt, das mit grossem Einfühlungsvermögen vom Scheitern der Menschheit an sich selbst berichtet. Andreas Borcholte, Der Spiegel
Bela Tarr im Stadtkino Basel | Landkino
Das Stadtkino Basel präsentiert in wenigen exklusiven Vorstellungen die zentralen Werke Tarrs. Sein – wie er immer wieder erwähnt – «allerletzter» Film (The Turin Horse, 2011) darf da selbstverständlich nicht fehlen. Als besonderes Highlight wird es zur Premiere die rare Gelegenheit geben, den Filmemacher und seine Arbeit im Rahmen eines Werkgesprächs kennenzulernen.