Zilla
Der neue Film von Iwan Schumacher porträtiert mit Zilla Leutenegger eine der erfolgreichsten und medial vielfältigsten Künstler*innen der Schweiz.
Während dreier Jahren begleitete der Filmemacher die Künstlerin mit der Kamera und fokussiert dabei auf die Entstehung von drei Kunstwerken für die Mid-Career-Retrospektive im Bündner Kunstmuseum Chur: Zwei Pianos aus dem Flügelfriedhof, ein unendlich langer Gang und der Schatten eines Silberrücken namens ZillaGorilla. Diese Arbeiten bilden die Ausgangspunkte für Streifzüge durch das Leben und Werk von Zilla Leutenegger.
Zilla – Die Motivation des Regisseurs
Zum ersten Mal begegnete ich einer Arbeit von Zilla Leutenegger an der Art Basel vor zwölf Jahren. Das Werk, eine Video-Installation mit dem Titel Rondo, besteht aus einem Konzertflügel in Spielzeuggrösse und einem an die Wand projiziertem Schattenbild desselben. Während der Flügel verwaist ist, sieht und hört man in der Projektion eine Frau Klavier spielen. Aus all den Tausenden von Kunstwerken an der Art Basel war Rondo jene Arbeit, die mich magisch angezogen hat. Später erfuhr ich, dass das Klavier immer wieder im Werk von Zilla Leutenegger auftaucht. Bereits in ihrer allerersten Arbeit Pour Elise, ein Video von 1995, sieht man die Künstlerin an einem Tisch sitzen und so tun, als würde sie auf einem Klavier spielen. Dazu ertönt das titelgebende Stück von Ludwig van Beethoven. Zilla Leutenegger ist mit dem Klang eines Pianos aufgewachsen.
Die Figur Z oder Zilla, als Alter Ego der Künstlerin, tut, als ob sie wie im Video Pour Elise virtuos Klavier spielen könnte, fliessend Japanisch sprechen könnte wie in der Arbeit Mamoru, oder stehend in einen Krater pinkeln könnte wie im Video Der Mann im Mond. Leuteneggers Zeichnungen und Videoinstallationen basieren oft auf Traum- oder Erinnerungsbilder, es sind mit schnellem Strich skizzierte oder mit der Videokamera festgehaltene Versuche, das Unmögliche möglich zu machen. Kunst ist für Zilla Leutenegger eines der wenigen Felder, in denen man sowohl mit ‚tun als ob’, wie auch mit Scheitern Erfolg haben kann.
Leutenegger gehört zu den bekannten Schweizer Künstlerinnen. In jeder grösseren Publikation über zeitgenössische Zeichnungen ist sie vertreten. Gerade wegen der Kombination von Zeichnung und bewegtem Bild, von Zeichnung, die in den Raum vorstösst, die nicht primär auf dem Papier existiert, sondern ebenso sehr auf einem Spiegel, auf einer Wand, am Boden oder als Projektion auftaucht. Leuteneggers offener Umgang mit dem Medium Zeichnung wurde nicht nur national, sondern auch international wahrgenommen.
Zilla Leutenegger, die von sich behauptet kein «Sitzleder» zu haben, kann nicht ins Atelier und auf Kommando Kunst produzieren. Sie ist viel unterwegs, arbeitet im Team. Ihre Arbeiten haben etwas Frisches, Zeitgenössisches. Und sie sind extrem filmisch. Ich denke da vor allem an ihre performativen Arbeiten und Videos. Auch in ihren Installationen, die Zeichnung und Video verbinden, ist Bewegung ein wiederkehrendes Motiv. Zu den filmischen Höhepunkten werden die Momente gehören, in denen wir Zilla Leutenegger beim Zeichnen zuschauen können.
Das alles hat mich bewogen, sie Anfangs 2019 zu fragen, ob ich sie porträtieren dürfe. Sie war einverstanden, seither begleite ich sie mit der Kamera.
Iwan Schumacher