Musikfestvial Bern | «irrlicht»
Laboratorium für musikalische Versuchsanordnungen: Musikfestival Bern
Ein neues Konzept prägt die sechste Ausgabe. Vom 6. bis 10. September 2017 bietet der «unverzichtbare musikalische Anlass» für Musikinteressierte in und über die Bundesstadt hinaus zum Thema «irrlicht» ein dichtes Programm mit klassischer, neuer, experimenteller Musik und musikszenischen Formaten. Ein breit angelegtes Vermittlungsangebot lädt Interessierte ein, Hörgewohnheiten zu hinterfragen und auditive Entdeckungen zu machen.
Programm durch Philosophen mitgestaltet
Ein wichtiges Anliegen des Musikfestival Bern ist es, die Zusammenarbeit und den Austausch zwischen Berner Ensembles und freien Musiker*innen mit internationalen Partnern nachhaltig zu fördern. Es zeichnet sich durch überraschende Programmierung zwischen musikalischen Stilen und Epochen, durch die Entwicklung neuer Konzertformate aus und versteht sich als Laboratorium für musikszenische Experimente.
Für die Programmgestaltung verantwortlich ist seit dieser Ausgabe ein vierköpfiges Kuratorium. Das Musikfestival Bern steht jeweils unter einem ausgewählten Thema, zu dem das Kuratorium das Festivalprogramm entwickelt. Eine jährliche Ausschreibung ermöglicht es interessierten Musikschaffenden, Projektvorschläge dazu einzureichen. Zum diesjährigen Motto «irrlicht» hat das Kuratorium den Philosophen Christian Grüny eingeladen, das Programm mitzugestalten und zu reflektieren.
Artist in Residence
Der Choreograph Jonathan Burrows und der Komponist Matteo Fargion arbeiten seit 20 Jahren international erfolgreich zusammen an Projekten im Grenzbereich von Musik, Tanz und Performance. Mit ihren präzise-intellektuellen wie humorvollen Stücken sind sie regelmässige Gäste an den grossen internationalen Theater-, Tanz- und Kunstfestivals wie der Biennale Venedig. In Bern wurden sie nun erstmals als Artists in Residence an ein Musikfestival eingeladen – fast erstaunlich angesichts dessen, dass einer ganzen Serie von Arbeiten aus ihrem Œuvre Partituren zugrunde liegen. Aus dieser Serie zeigen sie im Festivalprogramm die drei Perfomances «Both Sitting Duett», «Cheap Lecture», «The Cow Piece», ausserdem eine neue Performance, in Auftrag gegeben von Musikfestival Bern. Bereits vor Festivalstart können Berner Künstler*innen aller Sparten die Arbeitsweise des Duos in einem Workshop mit Matteo Fargion kennenlernen und ausprobieren.
Kompositionsprojekt
Elf Uraufführungen, teils klein und flüchtig, teils laut und verwirrend, nisten sich wie ein Irrlicht in sämtliche Programme des Festivals ein. Das Musikfestival Bern hat an Performer, Improvisator*innen und Komponist*innen aus der Schweiz und dem Ausland Aufträge vergeben, die nun durch die Programme irrlichtern, diese bald stören, bald hinterfragen und sich konzeptuell, klanglich oder auch inhaltlich einmischen. Die Neukompositionen spielen musikalisch mit Franz Schuberts Lied «Irrlicht» aus dem Zyklus «Winterreise» oder sind inspiriert vom Liedtext von Wilhelm Müller. Uraufführungen von Martin Schüttler (D), Simon Steen-Andersen (DK), Jonas Kocher (CH), Katrin Frauchiger (CH), Simone Movio (I), Jannik Giger (CH), Jacques Demierre (CH), Andreas Stahl (CH).
Eröffnungskonzert
Unter der Leitung von Mario Venzago eröffnet das Berner Symphonieorchester am 6. September das Musikfestival Bern mit Hans Zenders komponierter Interpretation von Franz Schuberts «Winterreise». Der Tenor Julian Prégardien, Solist des Abends, ist ausgewiesener Spezialist für Schuberts und Zenders «Winterreise» und konzertiert regelmässig in Europa und Japan. Das Performanceduo Jonathan Burrows & Matteo Fargion zeigt ausserdem seine neueste, im Auftrag des Musikfestival Bern entstandene Performance zum Thema «irrlicht».
Kollektivprojekt Nosferatu
Ein exemplarisches Beispiel für die Zusammenarbeit zwischen Berner Ensembles und freien Musiker*innen ist das vom Festival initiierte Projekt «Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens», das am 8. September zur Aufführung kommt. In der imposanten Architektur des Berner Münsters findet zu später Stunde eine aussergewöhnliche Aufführung des neu restaurierten, viragierten Stummfilmklassikers «Nosferatu» von Friedrich Wilhelm Murnau statt. Der Basler Komponist und Videokünstler Jannik Giger hat dazu im Auftrag des Musikfestival Bern eine Neuvertonung geschaffen. Das Kollektivensemble setzt sich zusammen aus Musiker*innen der freien Szene, des Berner Symphonieorchesters, der Ensembles Camerata Bern und klavierduo huber/thomet sowie dem Münsterorganisten.
Vermittlung
Musikvermittlung ist ein wichtiger Bestandteil des Festivals. Nachhaltig angelegte Vermittlungsarbeit bildet einen wesentlichen Aspekt innerhalb des Gesamtprogramms und bezieht verschiedene Alters- und Bevölkerungsgruppen ein. Als richtungsweisendes Pilotprojekt begleitet «Radio Antenne» das Musikfestival Bern über die nächsten drei Jahre hinweg. Das «Hauptstadtkultur-Projekt» in Kooperation mit «Zuhören Schweiz», «Kunst- und Kulturhaus visavis» und «Radio RaBe» wird ausgehend vom Festivalprogramm Eindrücke, Erlebnisse und Erkenntnisse verbreiten und ausstrahlen. Christian Grüny hat zudem das Begleitprogramm «Leitsterne und Irrlichter» entwickelt. Im Rahmen von Publikums- gesprächen, Präsentationen und einem Vortrag mit Workshop hat das Publikum Gelegenheit, mehr über die Hintergründe der Stücke zu erfahren, mit Performer*innen und Komponist*innen zu diskutieren und die eigenen Erwartungen und Überraschungen zur Sprache zu bringen.
Kultur Inklusiv
Seit Sommer 2017 gehört das Musikfestival Bern neu zu den Trägern des Labels Kultur Inklusiv. Das Musikfestival Bern setzt sich für eine ganzheitliche und längerfristige Teilnahme von Menschen mit und ohne Behinderung am Kulturleben ein. Das Engagement des Festivals zielt insbesondere auf die Inklusion von Menschen mit Sehbehinderung und Hörbehinderung und umfasst alle Bereiche vom künstlerischen Programm über die Kommunikation bis zur Veranstaltungsdurchführung.
Mobiles Festivalzentrum
Das diesjährige Festivalzentrum hat vier Räder, viel Raum für Ideen und heisst «willo’thewisp». Passend zum Thema «irrlicht» zieht der von Nadja Schweizer und Hans Rufer für das Musikfestival Bern ausgestaltete und bewirtschaftete Transporter mit seinem gastronomischen Angebot von Spielort zu Spielort. Je nach Tageszeit werden dort leckere Snacks, Süsses oder auch andere kleine Köstlichkeiten serviert.