Mephisto | Dystopien | Das Ende der Welt
Die neuste Folge der arttv Literatursendung Mephisto beschäftig sich mit dem Ende der Welt
Globale politische Spannungen, aber auch beschleunigte Umbrüche in Wissenschaft und Technik lassen bedrohliche Phantasmen und Schreckensbilder am Horizont erscheinen. Aber welche Mächte bedrohen die Strukuren der gegenwärtigen Ordnung? Welche Gestalten werden aus den Kämpfen und Umwälzungen der Zukunft emporsteigen? Und welche Bücher sind dazu Pflichtlektüre?
In der neuesten Folge von «Mephisto» spricht Tilman Hoffer mit dem weissrussischen Autor Viktor Martinowitsch über dessen neuen Roman «Mova». Darin ist das heutige Weissrussland zur Randprovinz eines chinesisch-russischen Imperiums herabgesunken, wo das Leben von einem korrupten Polizeiapparat und kriminellen Banden beherrscht wird. Mova, die weissrussische Sprache, ist verboten, sie gilt als Rauschgift, auf dessen Verbreitung und Konsum schwere Bestrafung steht.
Martinowitschs Roman ist raffiniert und temporeich erzählt und lässt eine groteske Atmosphäre der Paranoia entstehen. Doch die Realität holt die Fiktion ein: Fast zeitgleich zum Interview wurden in der weissrussischen Hauptstadt Minsk friedliche Demonstrationen brutal zerschlagen, und es kam zu hunderten von willkürlichen Verhaftungen. Der Vorwurf: Die Beschuldigten hätten öffentlich Belorussisch gesprochen – ein Anzeichen für ihre subversive Gesinnung. Viktor Martinowitschs Verleger, der sich ursprünglich auch unter den Verhafteten befand, ist inzwischen glücklicherweise wieder auf freiem Fuss. Es erwartet ihn jedoch noch ein Gerichtsprozess.
Ausserdem in dieser Folge von «Mephisto»: Boualem Sansal beschreibt in seinem Roman 2084 einen weltumspannenden totalitären Staat, der auf fanatischen religiösen Fundamentalismus gegründet ist.
Und Don DeLillo erweist sich einmal mehr als Schriftsteller von Weltrang und als düsterer Prophet, wenn er in seinem brillanten Roman Null K von einem geheimnisvollen Forschungszentrum erzählt, wo mittels modernster Kryostase-Technik die Unsterblichkeit erprobt wird – und damit der Weg zu einem neuen Menschengeschlecht, frei von Geschichte, Prägung und Angst, und von nie gesehener Reinheit des Geistes.