Swiss Author's Talk | Tim Krohn
Tim Krohn über seinen Erfolgsroman Vrenelis Gärtli.
Das Fremde und das Urchige in der Sprache vereint
art-tv im Gespräch mit Tim Krohn über seinen neuen Roman Vrenelis Gärtli
Tim Krohn setzt in seinem neuen Roman Vrenelis Gärtli nicht die Geschichte fort, die er in Quatemberkinder, dem Vorgängerbuch, erzählt. Er setzt aber ein Sprach-Ereignis fort, das er bereits vor 9 Jahren heraufbeschwört hat und das seinen Lesern seither nicht aus dem Kopf gegangen ist.
Eigentlich will Tim Krohn seinem ersten Roman Quatemberkinder einfach ein würdiges Ende verpassen. Dazu nimmt er die Figur des Vrenelis, das er als Gefährtin des Melk aus seinem ersten Roman nur schemenhaft gezeichnet hat. Krohn erzählt nun die Geschichte aus weiblicher Sicht und verwendet dazu auch eine leicht abgeänderte Sprache. Der Erzähler begleitet die Vriinä – wie sie von Ihresgleichen genannt wird – hautnah und enthält den Lesern keine ihrer Allüren und Gefühlsausbrüche vor. Tim Krohn trifft dabei die weibliche Psychologie oftmals auf den Punkt genau – obschon s’Vreneli ja ein Geschöpf nur halb von dieser Welt ist.
Der Autor bringt es fertig, eine Figur zu schaffen, die einerseits der surrealen Sagen- und Fabelwelt der Glarner Alpen entspringt, gleichzeitig aber so welthaltig und zeitgemäss ist, dass sich ein grosser Kreis von Leserinnen sofort damit identifiziert.
Die Sprache ist es aber, welche die Fremdheit der Bergwelt und der Figuren im Hier und Jetzt verankert. Es ist eine Sprache, die Leserinnen und Leser gleichermassen in ihren Bann zieht. In ihr ist ein grosses Identifikationspotential vorhanden, wenn uns im schriftdeutschen Grundton allpott mehr oder minder geläufige Mundartausdrücke begegnen wie chräsme, nugge, briegge, bisle, expressen oder ein ebigs Gnuusch.
Der emotionale Effekt dieser Sprache ist enorm. Die kurzweilige Geschichte tut ihr Übriges dazu. Mit Vrenelis Gärtli hat Tim Krohn das Versprechen eingehalten, das er den Lesern von Quatemberkindern gegeben hat: Er führt das einzigartige Sprach-Ereignis fort.
Gabriele Köstler-Kull