Opernhaus Zürich | Die Gezeichneten
Schönheit sei die Beute des Starken. Der vom Opernkomponisten Franz Schreker selbst verfasste Text von «Die Gezeichneten» ist diesbezüglich gnadenlos.
Schrekers grossformatige Oper über eine Männer-Clique, die Orgien feiert und Bürgertöchter schändet, gehört zu den skandalumwitterten Werken des frühen 20. Jahrhunderts. Sie kreist um Kunstvisionen, Sinnesrausch, erotische Grenzüberschreitung, Perversion und Gewalt. Dirigiert wird sie von Vladimir Jurowski, der zum ersten Mal am Opernhaus Zürich zu erleben ist. Ihn verbindet eine grosse Liebe mit der Wiener Moderne.
Jähes Ende durch Nationalsozialismus
«Die Gezeichneten» wurde 1918 uraufgeführt und avancierte anschliessend zu einer der meistgespielten Opern, bis die nationalsozialistische Kunstpolitik dem Werk des jüdischen Künstlers Schreker und seinem Leben ein jähes Ende bereitete. In den 1980er Jahren tauchten seine Opern wieder vermehrt in den Spielplänen auf, und aktuell erlebt «Die Gezeichneten» eine Art zweite Renaissance: Gleich an mehreren grossen Bühnen haben sich exponierte Regisseure des wirkungsmächtigen Werkes angenommen. Der Stoff amalgamiert heterogenste Einflüsse von Nietzsche bis zum Traumdenken Sigmund Freuds. In der betörend farbschillernden Musik haben Wagner, Debussy, Mahler und der frühe Schönberg ihre Spuren hinterlassen.
Zum Stück
Der missgestaltete Edelmann Alviano Salvago hat sich auf einer Insel vor der Stadt Genua seinen Traum vom Kunstschönen verwirklicht und ein Elysium entgrenzter Lustbarkeiten geschaffen, das er selbst allerdings nie betritt. Eine Männer-Clique aus Genueser Adelskreisen nutzt die Insel heimlich, um in den Katakomben Orgien zu feiern und geraubte junge Bürgerstöchter zu schänden. Alviano will sein Kunst-Elysium der Öffentlichkeit zugänglich machen. Das skandalöse Treiben wird enthüllt.
Der Dirigent Vladimir Jurowski ist mit Schrekers «Die Gezeichneten» zum ersten Mal am Opernhaus Zürich zu erleben. Ihn verbindet eine grosse Liebe mit der Wiener Moderne.
Populärer als Strauss
In den 1920er Jahren galt Franz Schreker als einer der bedeutendsten Opernkomponisten in Deutschland nach Wagner; seine Opern erreichten zeitweise höhere Aufführungszahlen als diejenigen von Richard Strauss. Wie dieser ist Schreker ein Spätromantiker; zugleich weist seine musikalische Sprache expressionistische Elemente auf. Charakteristisch ist eine ständige harmonische Fluktuation mit schillernden, irisierenden Akkorden.