Kellertheater Winterthur | Geister sind auch nur Menschen
Eine deftige Wutrede gegen die Zumutungen des Alters.
«Geister sind auch nur Menschen» ist ein Text für und von den Todgeweihten, die rumdumversorgt im Heim ihre auf kapitalistische Betriebsamkeit getrimmten Nachkommen nicht behindern sollen; es ist ein pralles Drama, das die Sterbenden in die Mitte einer Gesellschaft, die sie professionell ausgrenzt, zurückholt.
Zum Stück
Es geht tief hinein in die Heime der ihrer Heimat beraubten Alten, Kranken und Unberührten. Hinein in ein «Sprechen ohne Zukunft», das «freier als manch anderes Sprechen» ist. Kein Blatt mehr nehmen die Alten vor die ausgetrockneten Münder. Gebannt lauschen sie dem inwendigen Wachsen des Todes, dem sie durchaus auch ihr Lachen schenken. Ein Text für und von Lebensendgeschöpfe/n, die ihre auf Betriebsamkeit getrimmten Nachkommen nicht behindern sollen. Abgeschirmt von einer Welt, der sie sich tatkräftig hingaben, betrachten sie verwundert die Scherben ihres gutbürgerlichen Lebens: Erlebtes steht neben unwiederbringlich Verpasstem, Träume mutieren zu Alpträumen. Der durch einen Schlaganfall versehrte Körper wird von seiner Bewohnerin als vergessener Handschuh empfunden, einem anderen wird wegen sexueller Übergriffigkeit am weiblichen Pflegepersonal der Rauswurf angedroht. Von Berührungen durch Pflegerhand zugefügte Hämatome werden im allseitigen Einvernehmen als “Zeichen der Zuneigung” befunden. Schwall um Schwall bricht es ungehört aus ihnen heraus. Am Ende gewinnt der Krebs die Oberhand. Gebannt lauschen sie dem inwendigen Wachsen des Tumors bis ihre Kiefer runterklappen.
Stimmen
«Bei allem schwarzen Humor: ein potentes Plädoyer.» – NZZ| «Katja Brunner lässt sie zu Wort kommen: Die Unbetuchten und die Unbesuchten, die, die nicht vom Leben lassen können, und die, die man nicht aus dem Leben lässt.» – Wolfram Höll, SRF | «Eine grobe, harte und auch sehr verzweifelte Puppenspielkonstellation über den Verlust der Selbstbestimmung im Alter.» – Deutschlandradio Kultur | «Brunner, geboren 1991, hat eine Wutrede geschrieben gegen die Zumutungen des Alters, deftig und derbe und auch mal ordinär. Sie lässt wirre Gedanken emporwirbeln, aus den Tiefen gelebter Leben. Und doch ist ihr Text nicht depressiv, er steckt voller Sehnsucht: Sehnsucht nach dem Tod, aber auch Sehnsucht nach dem Leben, nach Sex und kleinen Süchteleien, Alkohol und Kippen, nach Berührungen ohne Handschuhe, “ohne den Geschmack von Funktionalität.» – Tobias Becker, Der Spiegel