Luzerner Theater | Inspiration: Tanz 36 + Finale
Mit dem aktuellen Tanzabend am Luzerner Theater verabschiedet sich Kathleen McNurney nach 12 Jahren als Tanzchefin am Luzerner Theater.
Der «Tanz 36 + Finale» Abend sorgt mit einem Blick zurück und in die Zukunft für Champagnerlaune der besonderen Art. Ein Tanzabend mit einer Neukreation von Patrick Delcroix und choreografischen Überraschungen aus dem Ensemble. Sie hatten 2009 ihre Tanzära in Luzern eröffnet und sollten jetzt den Kreis schliessen – als Beispiel dafür, wie ein Haus mit eigenem Ensemble und namhaften Gastchoreografen eigene Traditionen aufbauen und internationale Ausstrahlung gewinnen kann.
In den Tanzabend «Tanz 36 + Finale», so wie er am Samstag Premiere hatte, sind jetzt jeweils zwei Choreografien von vier Tänzern der Compagnie (eine Frau, drei Männer) integriert. Solche präsentierte alljährlich die «Dancemakers Series» – eine andere Tradition dieser Tanzära, die mit angehenden und vielversprechenden jungen Choreografen in die Zukunft blickte. Hinzu kam aber, dass Delcroix auch zu diesem Konzept mit «Restlessness» eine neue Choreografie beisteuert, die unsere Unruhe in Zeiten von Corona reflektiert. Damit verbindet sich der Blick in die Zukunft doch noch mit jenem in die Vergangenheit und schliesst sich tatsächlich der Kreis.
Delcroix’ «Restlessness» beginnt mit einem Knall, wenn sich die Tänzer*innen der Compagnie von allen Seiten auf die mit mystischem Nebel verhangene Bühne stürzen. Von diesem Knäuel aus fächern sich die Bewegungen geschmeidig in alle Richtungen auf und laufen in einem robbenden und zappelnden Staccato aus, wenn das homogene Kollektiv zunehmend in intime Gruppen auseinanderfällt. «Wenn wir nicht mehr unsere Freiheiten haben wie früher, werden wir völlig unruhig und rastlos», schildert der Choreograf seine Erfahrungen unter anderem mit Coronaquarantänen. Dem setzt er allerdings auch intime Momente gegenüber, in den paarweise und auch androgyn gruppierte Tänzer*innen die Isolation und Beiläufigkeit durchbrechen.
Zusammen mit der Musik und wirkungsvoll eingesetzten Songs – herzzerreissend ein mediterraner Elektrofolk – geht dieser Tanz unter die Haut. Magische Bilder gelingen Delcroix, wenn sich der Paartanz zu fragilen Umschlingungen zu dritt weitet oder in schnippischen Werberitualen ironisiert wird. Das Happy End steuert ein unbeschwerter Bossa nova bei. Und die Compagnie, die unter der neuen Theaterleitung praktisch unverändert bestehen bleibt, zeigt nicht nur ihr hohes technisches Niveau, sondern eine mit geniesserischem Hüftschwung ausgekostete Stilvielfalt.
Text: Luzerner Zeitung