arttv Buchtipp | Roman | Welch schöne Tiere wir sind
- Publiziert am 20. März 2019
Lawrence Osborne verarbeitet die Themen Flucht und Vertreibung unter einem neuen Aspekt – der Arroganz der westlichen Welt.
Die Luft scheint stillzustehen an diesem Sommertag auf der Insel Hydra. Dort verbringt Naomi die Ferien in der Residenz ihres Vaters, eines englischen Kunstsammlers. Bei einem Küstenspaziergang entdeckt sie etwas Ungeheuerliches: Ein Mann liegt auf den Steinen, Faoud, ein Geflüchteter aus Syrien. Für Naomi die perfekte Gelegenheit, es ihrem Vater heimzuzahlen – für seinen obszönen Reichtum, seine hohlen Allüren, seine unerträgliche neue Frau. Sie stiftet Faoud an, bei ihrem Vater einzubrechen …
Zur Geschichte
Schauplatz dieses Romans ist die griechische Insel Hydra. Hier machen privilegierte Familien ihren Sommerurlaub. Der reiche Jimmie Codrington und seine griechische Frau Phaine sowie seine 24-jährige Tochter Naomi haben dort eine Villa und auch ein Hausmädchen. Naomi begegnet einer amerikanischen Familie und freundet sich mit der 20-jährigen Samantha an. Die beiden jungen Frauen finden auf einem entlegenen Teil der Insel durch Zufall einen arabischen Mann, vermutlich ein syrischer Flüchtling. Aber Faoud gibt nichts von sich Preis. Naomi möchte ihm helfen und hat eine Idee mit fatalen Folgen. Überraschend, wie die Handlung sich dann entwickelt, aber da sollte man nicht zu viel verraten.
Sätze wie Metaphern
Das Buch hat eine raffinierte psychologische Note. Naomi scheint sehr gelangweilt. Das Treffen mit Faoud gibt ihr innerlichen Aufschwung. Der Roman ist sprachlich elegant und zwingend gemacht. Immer wieder stösst man auf bemerkenswerte Sätze. Teilweise sind es detailreiche Beschreibungen der wunderschönen griechischen Insel, jedoch in knapper Form, nichts wird unnötig ausgeschmückt. Und teilweise sind es Sätze wie Metaphern. Insgesamt entwickelt sich viel Atmosphäre.
Stimmen zum Buch
«Osborne gilt als Erbe von Graham Greene. Mit Greene teilt er das Interesse für das, was man einen moralischen Thriller nennt.» – New York Times Book Review | «[Es] gelingt […] dem Autor Lawrence Osborne ausgezeichnet, eine Atmosphäre zu schaffen, in der sich Naomi, ihr Vater und ihre Stiefmutter britisch-kühl und berechnend bekriegen, während die Hitze alles zu verlangsamen scheint.» – Beate Fischer, SL Leselust | «Wer eine Reise auf die griechische Insel Hydra plant, sollte dieses Buch lesen. Es ersetzt praktisch einen Reiseführer. Die Leser erfahren eine Menge über Landschaft und Topografie, über Strände und Dörfer, über Hotels und Tavernen, über Speisen und Getränke» – Der Spiegel | «Osbornes ‹Welch schöne Tiere wir sind› trifft ins Herz der aktuellen Debatte.» – Madame