71. Locarno Festival | Pardo d’onore für Bruno Dumont
- Publiziert am 7. Juni 2018
Locarno ehrt einen der originellsten Regisseure der internationalen Filmszene und zeigt eine Auswahl seiner Filme.
Bruno Dumont debütierte im Alter von 38 Jahren mit seinem ersten Spielfilm «La vie de Jésus» (1997), Rund 20 Jahre später ehrt das Festival Locarno den französischen Regisseur für sein Werk. Dumont wird den Preis am Samstag, 4. August 2018 anlässlich der Weltpremiere der Serie Coincoin et les z’inhumains auf der Piazza Grande entgegennehmen.
Dumont wurde 1958 im flämischen Bailleul geboren und gehört heute zu den originellsten Regisseuren der internationalen Filmszene. In seiner über 20-jährigen Karriere schuf er kontroverse Filme, in denen er von den Mysterien unserer alltäglichen Realität erzählt und der Frage nach der Existenz des Bösen und dessen Banalität nachgeht. Dabei pflegt er einen unverwechselbar schnörkellosen, nüchternen und rigorosen Stil.
Dumont debütierte im Alter von 38 Jahren mit seinem ersten Spielfilm La vie de Jésus (1997), den er in seiner Geburtsstadt Bailleul drehte. Der Film wurde sogleich für den César für das beste Erstlingswerk nominiert und war ein grosser Publikumserfolg. Er wurde zudem von der Quinzaine des Réalisateurs in Cannes eingeladen und erhielt für die Caméra d’or eine Mention spéciale. Mit seinem zweiten Spielfilm L’Humanité (1999) führte er seine künstlerischen Recherchen weiter und gewann dafür in Cannes den Gran Prix.
2003 verliess Bruno Dumont Nordfrankreich um in Kalifornien seinen dritten Film Twentynine Palms (2003) zu drehen. Wieder in Frankreich realisierte er Flandres (2006), für den er in Cannes mit dem zweiten Grand Prix seiner Karriere ausgezeichnet wurde. Sein Kino ist ein Kino des Mysteriösen: In Hadewijch (2009) und Hors Satan (2011) erkundete Dumont erneut das Heilige im Alltäglichen. 2012 widmet er sich in Camille Claudel 1915 dem Leben der gleichnamigen französischen Bildhauerin. Das Porträt mit Juliette Binoche wurde an der Berlinale 2013 uraufgeführt.
Mit der Serie P’tit Quinquin, die 2014 auf ARTE zu sehen war, näherte sich Bruno Dumont dem Fernsehen an. Erstmals betrat er damit auch das Universum der Komödie. Dieser neue Einschlag zeigt sich auch in Ma Loute (2016), in dem sich Humor und Drama die Waage halten und der am Festival von Cannes 2016 im Wettbewerb lief. Seine jüngste Kehrtwende vollzog der französische Regisseur mit dem anspruchsvollen Unterfangen, das Werk von Charles Péguy als Grundlage für ein Rockmusical über die Jugendjahre von Jeanne d’Arc zu nehmen (Jeannette, l’enfance de Jeanne d’Arc, 2017). An der 71. Ausgabe des Locarno Festival wird seine neue Serie Coincoin et les z’inhumains, die in der Schweiz in die Kinos kommt und im September auf ARTE ausgestrahlt wird, zu sehen sein.
Carlo Chatrian, künstlerischer Leiter des Locarno Festivals erklärt: „Bruno Dumont gehört zu denjenigen Regisseuren, die den Film des 21. Jahrhunderts am besten verkörpern. Seine Werke sind tief in der philosophischen, literarischen und filmischen Tradition verankert und richten ihren Blick dennoch nach vorne: Sie sind die beste Antwort auf alle, die behaupten, dass die siebte Kunst nichts mehr zu bieten hat. Seine Erzählungen über den Menschen, das Absurde in der Existenz, aber auch die immer wiederkehrende Frage nach dem Bösen machen aus seinen Filmen eine Aufforderung zum Nachdenken – gerade wenn der Lärm der Bilder, der uns umgibt, immer betäubender wird. Dumonts Anwesenheit in Locarno bietet die Gelegenheit, einige der Stationen in seiner erstaunlichen Karriere nachzuzeichnen und vor allem auch die Fortsetzung seiner Serie zu entdecken, die vor vier Jahren die Quinzaine des Réalisateurs begeisterte. Ich sehe keine bessere Gelegenheit, um die Piazza Grande für Serien zu öffnen, als mit einem Werk, das die Burleske mit politischen Inhalten verbindet.“