Fussballfilm | Aufbauer der Nation
Falls die Schweizer Fussballnationalmannschaft an der EM 08 versagt, halb so schlimm, wir haben ja immer noch unsere Legenden „Karli“ Odermatt und „den blonden Engel“ Heinz Hermann. Das subtile und erstaunlich zeitlose Porträt des Basler Autors Angelo A. Lüdin aus dem Jahre 1990 über die charismatischen Schweizer Fussballidole gibt es jetzt digitalisiert auf DVD.
Der Film: Angelo A. Lüdins Film ist eine Hommage an die Fussballidole Karli Odermatt und Heinz Hermann. Im Fokus stehen nicht der nostalgische Fussball-Kult oder die ideologisch motivierte, kritische Analyse des Massenphänomens Fussball sondern ist der zeitlos gültige Versuch, das charakterliche Charisma zweier sportiver Ausnahmekönner zu deuten, die den Zeitgeist gespiegelt haben. Einen Zeitgeist notabene, in dem der Fussball schweizerischer Provenienz nicht die herausragende Bedeutung hatte, wie jetzt. Der populärste Sport der Welt polarisierte die Gemüter stark und wurde oft noch als proletenhaftes, chauvinistisches Freizeitvergnügen wahrgenommen.
Die Entstehungsgeschichte: Die Idee zum Film kam Angelo A. Lüdin nach der Fussball-WM 1988 in Mexico. In einer Phase also, wo der Schweizer Fussball international eine eher unbedeutende Rolle spielte. Lüdin beobachtete und besuchte ein Jahr lang die beiden Protagonisten, ohne Kamera: Den rustikalen Weinhändler und Trainer „Karli“ Odermatt, der seine glanzvolle Aktivkarriere bereits abgeschlossen hatte. Und Heinz Hermann, noch ein Führungsspieler im schillernden Team des NLA-A Klubs Xamax Neuchâtel, an der Seite von prominenten Fussballern wie dem deutschen Uli Stielicke.
Lüdin schuf dank hautnahen, intensiven Recherchen die solide und seriöse Vertrauensbasis für die Filmaufnahmen: Dem renommierten Kameramann Pio Corradi („Höhenfeuer“) gelangen im sportlichen und privaten Umfeld intime Impressionen, die im Kontext mit Lüdins intelligenter Fragestellung und Montage ein nachhallendes, differenziertes Porträt der Fussball-Heroen ergeben.
Die Protagonisten: „Karli“ Odermatt und Hein Hermann haben von den Sechziger- bis in die Achtzigerjahre spielintelligent und siegeswillig ihren Sport mitgeprägt. Sie waren enorm populär und bilden in der Wahrnehmung des „Phänomens Fussball“ aus heutiger Sicht eine Nahtstelle: Sie markieren den Übergang von der konservativ-geprägten Fussball- und Fussballer-Kultur zum glamourösen Event von massenmedial überwältigender Strahlkraft. 1990 waren jüngere Kritiker und Zuschauer schon fasziniert von der respektvollen, menschlichen Annäherung an „Karli“ Odermatt und die moderne spirituell geprägte Professionalität des öffentlichkeitsscheuen Familienmenschen und gelernten Glasbläsers Heinz „der blonde Engel“ Hermann.
Karl Odermatt (1942) holte mit dem FC Basel und den Berner Young Boys sechs Meistertitel und fünf Cupsiege und bestritt 50 Länderspiele.
Heinz Hermann (1958) gewann mit dem Grasshopper-Club Zürich und Xamax Neuchâtel sechs Meisterschaften und einen Cupsieg. Mit 117 Länderspielen ist er Schweizer Rekordinternationaler und heute erfolgreich als Trainer tätig: Mit dem FC Vaduz schaffte er in der Saison 2007/2008 den erstmaligen Aufstieg in die Super-League, die oberste Schweizer Fussballliga.
Der Autor: Angelo A. Lüdin (1950) ist Filmschaffender („Die Märchenkönigin“ 2009 | „Trophäen der Zeit“(2006) | „Aufbauer der Nation“ 1990/2008) und Dozent an der Hochschule für Gestaltung in Basel