Kino | Vincent will Meer
Die sympathische Komödie erzählt vom abenteuerlichen Road-Trip des Tourette-Kranken Vincent, der aus seiner Klinik abhaut, um endlich nach Italien ans Meer zu fahren.
Synopsis: Vincent (Florian David Fitz) leidet am Tourette-Syndrom. Als er von seinem Vater in eine Klinik eingeliefert wird, sträubt sich der junge Mann, der doch noch so viel erleben will, mit allen Mitteln dagegen – vergeblich. Überredet von der magersüchtigen Marie (Karoline Herfurth) beschließt er, im gestohlenen Auto der Psychologin nach Italien ans Meer zu fliehen. Ziel ist der Lieblingsort seiner verstorbenen Mutter, deren Asche Vincent in einer Bonbondose überall dabei hat. Mit an Bord ist Marie und der zwangsneurotische Alexander (Johannes Allmayer), der den Diebstahl petzen wollte. Für Vincents Vater (Heino Ferch), einen ehrgeizigen Politiker, ist der Roadtrip der Drei katastrophal – er fürchtet um sein Image. Gemeinsam mit Vincents Psychologin beginnt er die Flüchtigen zu verfolgen. Stars: Die wunderbare Besetzung ist wohl das Herausragendste dieses Roadmovies. Florian David Fitz, der bislang nur durch mäßige Fernsehserien bekannt war, tastet sich einfühlsam an die Rolle des Tourette-Patienten heran, und wirkt dabei niemals lächerlich oder platt – hinzu kommt, dass er sogar das Drehbuch geschrieben hat. Auch seine beiden Begleiter werden in bewundernswerter Weise eins mit der Figur des psychisch Kranken. Regie & Crew: Man mag von den Komödien des Regisseurs Ralf Huettner («Voll normaaal», «Dr. Psycho») halten was man will – seine Hauptcharaktere, meist sympathische Außenseiter, sind oft grandios gezeichnet.
art-tv-Wertung: Einen Tourette-Kranken zu spielen ist wohl eine der heikelsten Aufgaben, die man als Schauspieler übernehmen kann. Daher ist es äußerst bewundernswert, mit welcher Courage und Hingabe Fitz in diese Rolle gleichsam eintaucht. Mit seiner Performance steht und fällt daher die so genannte Tragikkomödie. Dabei ist der Film weder tragisch im klassischen Sinn, noch kann er von sich behaupten eine mustergültige Komödie zu sein. Doch das ist zweitrangig, denn «Vincent will Meer» ist einfach ein liebenswürdiges und bezauberndes Roadmovie, von Zeit zu Zeit vielleicht ein bisschen zu niedlich, manchmal ins sozialkitschige abgleitend – meist aber lebensnah und besonnen gespielt. Der Film nähert sich bedächtig den äußerst ausgewogen und ausgearbeiteten Figuren, aus deren Eigenarten und Macken zwar drollige Momente entstehen, in denen die Protagonisten dabei aber nie bloßgestellt werden. Die Debatte über Normalität versus Andersartigkeit wird nur angerissen und bleibt so in ihrer Konsequenz glücklicherweise dem Zuschauer überlassen. Einen nicht unerheblichen Wermutstropfen gibt es jedoch: der Soundtrack ist leider völlig daneben gegangen. Fazit: «Vincent will Meer» ist eine kleine, liebenswerte Komödie mit reizenden Charakteren – nicht herausragend, aber schön.
Maximilian Haase