ProCinema | Doris Fiala wird neue Präsidentin
- Publiziert am 23. November 2021
Die Zürcher Nationalrätin löst Claude Ruey ab. Dieser stand 14 Jahre an der Spitze des Dachverbands der Schweizer Kino- und Filmverleihunternehmen.
Claude Ruey, ehemaliger Staatsrat des Kantons Waadt sowie ehemaliger Nationalrat, hat sich entschlossen, zum Jahresende 2021 zurückzutreten. arttv.ch wollte von der designierten Präsidentin Doris Fiala wissen, was diese an der neuen Aufgabe reizt und welchen Film man aktuell im Kino einfach gesehen haben muss.
Doris Fiala – kurz befragt
Was hat Sie an diesem Amt gereizt?
Führungsaufgaben reizen mich per se, besonders schwierige. Das Kino wird stark von Netflix und Co konkurrenziert und kam durch Corona zusätzlich unter Druck. Da ist es für mich eine grosse aber schöne Aufgabe, mich fürs Kino engagieren zu dürfen. Ich will mithelfen, neue Konzepte zu entwickeln, denn ich liebe das Kino, ganz besonders, wenn Schweizer Filme auf dem Programm stehen. Ich bin ein regelrechter Fan unseres nationalen Filmschaffens.
Gibt es weitere Gründe?
Für mich persönlich ist es einmal mehr eine Chance zu beweisen, dass sich auch Bürgerliche mit viel Engagement für die Kultur einsetzen. Die Kulturszene darf nicht nur linken Kreisen überlassen werden.
Welche Visionen haben Sie für ihre Arbeit als Präsidentin von ProCinema?
Die grösste Herausforderung wird sein, den Leuten – besonders jüngeren Menschen – zu vermitteln, was für ein grossartiges Kulturerlebnis das Kino ist. Und das kann einfach kein Computer, Screen oder Handy leisten. Unsere Kinos dürfen einfach nicht verschwinden. In grossen Städten ist das weniger ein Problem, aber die Kinobesitzer auf dem Land haben grosse Mühe. Wir müssen darum Mittel und Wege finden, die Kinos zu Orten zu machen, an denen Filme gezeigt werden, die aber auch Begegnungs- und zusätzlicher Erlebnisort sind.
Haben Sie uns ein Beispiel?
Ja. Meine Lieblingskinos in Zürich sind die Arthouse Kinos. Kürzlich hat das Commerico einen Sonntagsbrunch für Familien gemacht und anschliessend einen Animationsfilm gezeigt. Ich ging mit meinem Lebenspartner Armin Welpen und unseren Enkelkindern dahin. Es war ein reizendes Ereignis. Einige mögen dieses Beispiel als unbedeutend ansehen, ein Brunch und dann ein Film. Aber es hat funktioniert. Es war ein Erlebnis für alle. Ein anderes Beispiel ist die Premiere von «Stürm». Die Hauptdarsteller Marie Leuenberger und Joel Basman waren beide anwesend, das war grossartig.
Das funktioniert mit Schweizer Filmen, kaum aber mit grossen Hollywoodproduktionen…
Logisch, bei einem Film wie James Bond wird das weniger möglich sein – aber auch weniger nötig.
Wie beurteilen Sie die Zukunft des Kinos?
Das Kino wird nicht verschwinden, aber die Betreiber müssen überlegen, was sie zum Film zusätzlich als Erlebniswelt noch bieten können. Festivals sind da natürlich auch ein gutes Beispiel. Ich bin ein riesiger Fan von Zurich Film Festival, ein weiteres herausragendes Beispiel, wie man den Film zum Ereignis macht.
Sie sagten, Sie sind Fan von Schweizer Filmen. Ein Tipp?
Aktuell natürlich «Stürm: Bis wir tot sind oder frei». Marie Leuenberger spielt die Rolle der Anwältin Barbara Hug einfach fantastisch, das ist oscarwürdig. Das muss man einfach gesehen haben!
Allianz Tag des Schweizer Kinos
Während seiner 2008 begonnenen Amtszeit hat Claude Ruey ProCinema, den Dachverband der Schweizer Kino- und Filmverleihunternehmen, auf effiziente Weise geleitet. Im Laufe seiner 14-jährigen Präsidentschaft hat er vor allem die Führung des Vereins neu organisiert; dabei wurden im Rahmen des Projekts «ProCinema QuoVadis» die Statuten überarbeitet, was grössere Effizienz und Flexibilität der Organisation schaffte. Unter seinem Mandat wurde auch schweizweit der Tag des Kinos, heute Allianz Tag des Kinos, erfolgreich lanciert; dieser lockt seit 2016 jeden ersten Sonntag im September über 200’000 Zuschauer*innen in die Schweizer Kinos. Dank seines Netzwerks als ehemaliger Kulturminister des Kantons Waadt und Präsident des Internationalen Filmfestivals von Nyon VISIONS DU RÉEL hat Claude Ruey zudem die Beziehungen zwischen dem Bundesamt für Kultur und ProCinema gestärkt.
Doris Fiala – Neue Präsidentin
Die Generalversammlung von ProCinema hat Doris Fiala zur neuen Präsidentin gewählt. Sie tritt ihr Amt am 1. Januar 2022 an. Die persönlichen Qualitäten von Doris Fiala, ihr umfangreiches Netzwerk, ihre anerkannte parlamentarische Erfahrung und ihr Interesse für die Kultur und den Film werden ProCinema und der Förderung des Films im Kinosaal weiteren Auftrieb geben. Ihre anerkannte Kompetenz im Bereich der Kommunikation sowie ihre Zweisprachigkeit werden für den Verband von grossem Wert sein.
ProCinema ist der Dachverband der Schweizer Kino- und Filmverleihunternehmen. In Zahlen ausgedrückt handelt es sich dabei um 269 Kinobetreiber mit über 603 Leinwänden sowie 150 Filmverleihfirmen in allen Sprachregionen der Schweiz. Im Zentrum der Verbandstätigkeit steht die Unterstützung und Förderung des Films im Kinosaal. ProCinema setzt sich zudem auf der politischen und wirtschaftlichen Ebene für die gemeinsamen Interessen ein und bietet Mitgliedern, Medien sowie der Öffentlichkeit verschiedene Dienstleistungen an. Dazu zählen u. a. eine Filmdatenbank mit umfangreichen Informationen zu allen Filmen, die in Schweizer Kinos gespielt wurden, Statistiken sowie Beratungsleistungen für die Eröffnung von Kinos.