Spielfilm | Birds of Passage (Pájaros de Verano)
Lateinamerikanische Version von «Spiel mir das Lied vom Tod».
In der Wüste von Guajira in Kolumbien übernimmt eine indigene Familie eine führende Rolle im Handel mit Marihuana und kommt auf so den Geschmack von Reichtum und Macht. Atemberaubend erzählt, packend inszeniert, exzellent gespielt und grandios gefilmt – vom Macherpaar des Erfolgsfilmes «El Abrazo de la Serpiente».
Zum Film
Schon der ethnografisch anmutende Einstieg zeugt von der präzisen Beobachtungsgabe der Filmschaffenden und von dem, was ihnen elementar wichtig ist: Die Menschen vor Ort. Ciro Guerra und Cristina Gallego, die bereits den berauschenden Spielfilm «El abrazo de la Serpiente» in den Amazonas-Urwald hineingezaubert haben, wollen die Geschichte des beginnenden Drogenhandels aus der Perspektive der betroffenen Bevölkerung erzählen, wollen ihre Gesichter zeigen, ihre Traditionen, ihre Form des Erzählens auch. Die Wayúu leben auf der Karibik-Halbinsel Guajira in Kolumbien und im benachbarten Venezuela. Sie sind die grösste indigene Bevölkerungsgruppe der Region und ihre Sprache Wayuunaiki wird von gut 300’000 Menschen gesprochen.
Die Schilderung der Geschichte eines Familienclans, die Cristina Gallego und Ciro Guerra auf der Basis von realen Begebenheiten zu einem lateinamerikanischen «Spiel mir das Lied vom Tod» choreografiert haben, ist der oralen Erzähltradition der Wayúu verpflichtet und mit Bewusstsein für Genres wie für Ethnografisches fesselnd inszeniert. Einfache Bauern mutieren da ohne Vorbereitung zu Geschäftsleuten in einem von aussen aufgesetzten System, dessen Spielregeln ihre eigenen durcheinanderbringen. Birds of Passage schenkt den Wayúu Gehör, bietet eine andere Perspektive auf eine vermeintlich bekannte Geschichte. Und er geht ans Grundsätzliche, denn ob wegen Marihuana für Nordwestler in Kolumbien getötet wird oder für das Cobalt der globalen Handyproduktion im Kongo: Von den Opfern vor Ort spricht kaum jemand. «Wir haben die Seele verloren – niemand beschützt uns mehr», erkennt die Mutter am Ende des Films, der dem Mechanismus des Kapitalismus in die Fratze blickt. (Walter Ruggle)
Stimmen
«In ihrem epischen Film spüren Cristina Gallego und Ciro Guerra den Verkettungen von Ritual und Kapital nach – und finden damit einen Ausweg aus allzu schlichter Kapitalismus- und Kolonialismuskritik.» – Till Kadritzke, critic.de | «Verpassen sollte man diese phänomenale Verdichtung einer Familiengeschichte auf keinen Fall. Es ist wie der lateinamerikanische «Godfather». – Tages-Anzeiger, Pascal Blum | «Jeder Narcos-Fan sollte ‘Birds of Passage’ sehen (und alle anderen auch).» – Moviepilot | «Gallego und Guerra beherrschen ihr Genre deutlich besser als Farhadi, sie haben naheliegende Vorbilder wie Scarface oder City of God von den Aufsteigermythen befreit.» – Der Tagesspiegel | «Un Scarface tribal et halluciné en Colombie.» – Le Monde.