Spielfilm | L'adieu à la nuit
Familiendrama über einen jungen französischen Dschihad-Anwärter.
Muriel (Catherine Deneuve) freut sich über den Besuch ihres Enkelsohnes Alex (Kacey Mottet Klein), wird aber bald schon stutzig – etwas stimmt nicht mit ihm. Schliesslich entdeckt sie, dass Alex einer extremen Gruppierung des Islam beigetreten ist und vor hat, nach Syrien zu emigrieren. Muriel setzt alles daran, ihren Enkel von diesem Vorhaben abzubringen.
Zum Film
Eine zunächst sehr persönliche Familiengeschichte entwickelt überraschend politische Relevanz. Dabei weist L’ADIEU À LA NUIT alle Charakteristika eines typischen Téchiné-Films auf: die Sinnlichkeit, das fabelhafte Schauspiel-Ensemble, das feine Gespür für Familienkonstellationen und ein wacher Blick auf junge Menschen und ihre Mühen mit dem Erwachsenwerden. In den Hauptrollen überzeugen der Schweizer Jungdarsteller Kacey Mottet Klein und die Filmikone Catherine Deneuve als grossartiges Leinwandduo.
Den typischen Dschihad-Anwärter gibt es nicht
«Ich wollte das soziologische, das gesellschaftskritische Kino vermeiden und einen mythologischen Rahmen schaffen, um so einen breiteren Bezug zur Welt herzustellen», erklärt Téchiné, «deshalb das Tierreich mit den Pferden und dem Wildschwein, die Natur mit ihren Blüten, die zu Früchten werden, und der Kosmos, die Sonnenfinsternis.» Es sei ihm wichtig, die Figuren nicht zu soziologischen Abziehbildern werden zu lassen, denn es gebe nicht «den» typischen Dschihad-Anwärter: 60% der französischen Anwärter stammen aus der Mittelschicht, 30% aus der Unterschicht und 10% aus wohlhabenden Verhältnissen. Der tunesisch-französische Forscher und Psychoanalytiker Benslama spricht in diesem Zusammenhang von «verrohten Individuen». Ein Phänomen, das sich seit 2005 über den Umweg des Internets noch verstärkt und beschleunigt. André Téchiné: «Man kann in diesem neuen Frankreich den Schaden sehen, den der Kolonialismus verursacht hat (unter anderem der Algerienkrieg) und der nun wie eine identitäre Rachefahne geschwenkt wird.»
Stimmen
«Definitiv einer meiner Lieblingsfilme der Berlinale» – Felix Schenker, arttv.ch | «André Téchiné filmt anmutig den blinden Antrieb der Jugend […], er fordert nicht auf, seine jungen, verlassenen Helden zu bewundern oder zu ehren, sondern einfach und sorgfältig die Wand der Illusionen zu beobachten, in die sie versinken.» – lemonde.fr | «Der zweite Film des Franzosen mit dem Lausanner Kacey Mottet Klein, dessen physische Präsenz dem radikalisierten Alex eindringliche Glaubwürdigkeit verleiht.» – kinok.ch | «Es fehlt nichts, was einen Téchiné-Film ausmacht: Die Sinnlichkeit (allein wie er Pferde filmt!), das fabelhafte Schauspieler-Ensemble, das feine Gespür für Familienkonstellationen, der wache Blick auf junge Menschen und wie sie es schwer haben mit dem Erwachsenwerden – und vor allem: Catherine Deneuve.» – Tagesspiegel | «Zeigt auf behutsame, aber bestimmte Weise, welche Versuchung das Fremde für die Jugend ist. Es geht um das tödliche Fremde der heutigen Zeit, den Dschihad, angesichts der ungläubigen Erwachsenen.» – Arte.tv.