Spielfilm | Little Joe
Metapher auf unsere Gesellschaft, die fast schon besessen nach dem perfekten Glück strebt.
Little Joe ist eine purpurrote Blume, die Menschen glücklich macht. Alles, was sie braucht, ist Wärme, Wasser und tägliche Zuwendung. Wenn man liebevoll mit ihr redet, verbreitet sie ihren betörenden Duft. Sie sendet das Hormon Oxytocin aus, welches auch die Bindung zwischen Mutter und Kind verstärkt. Erschaffen wurde die zarte Pflanze von der Gentechnikerin Alice.
Zum Film
Kurz vor der offiziellen Zulassung nimmt Alice heimlich ein Exemplar für ihren Sohn Joe nach Hause, sie benennt die Schöpfung sogar nach ihm. Denn seit der Trennung von Joes Vater und weil sie vor lauter Arbeit kaum Zeit hat, wendet sich der Teenager zunehmend von ihr ab. Doch die erwünschte Wirkung bleibt aus. Mehr noch: Das Gewächs scheint ein Eigenleben zu entwickeln, und je stärker es Joe an sich bindet, umso weiter entfernt sich dieser von seiner Mutter. Überhaupt alle, die mit der neuartigen Züchtung Kontakt haben, verändern sich auf seltsame Weise. Ist dieses Glück im Blumentopf wirklich harmlos? Oder ist Alice einfach so überarbeitet, dass sie sich gewisse Dinge einbildet?
arttv-Stimme: Madeleine Hirsiger
Es ist ein Pflanzen-Horrorfilm, mit dem uns die 47-jährige Wienerin Jessica Hausner während 105 Minuten auf dem Kinosessel gefesselt hält. Mit ihrem neusten Film «Little Joe» führt sie uns in die sterile Welt eines Versuchslabors, in dem rote Pflanzen in grossem Stil gezüchtet werden. Sie verströmen einen betörenden Duft, der uns glücklich machen soll. Man muss die Pflänzchen nur lieben, pflegen und mit ihnen reden – dann wird alles gut. Doch die rote Blume, die die Wissenschaftlerin Alice kreierte und nach ihrem Sohn little Joe benannte, kann sich nicht mehr reproduzieren. Darum rächt sie sich an den Menschen, ja sie vernebelt ihnen den kritischen Verstand. Das ist ein interessanter Ansatz in einer Welt, in der in allen Bereichen experimentiert und gentechnisch verändert wird, was das Zeug hält, ohne wirklich die Konsequenzen zu kennen. Jessica Hausner, die auch am Drehbuch mitschrieb, hat ihre spannende und irritierende Geschichte formal konsequent umgesetzt. In dieser klinischen Atmosphäre sind die Bilder hell und statisch, die zarten Farben bestimmt gewählt – insbesondere bei den Kostümen der Hauptdarstellerin Alice. Die Regisseurin hat zum ersten Mal in Englisch gedreht; weil kurze, prägnante Sätze in dieser Sprache für den Film hilfreich seien.
«Little Joe» lief 2019 im Wettbewerb in Cannes und Emily Beecham wurde für ihr bestechendes Schauspiel als Alice als beste Darstellerin geehrt.
Stimmen
«Hypnotisch unheimlich.» – Los Angeles Times | «Ein finsteres Vergnügen.» – Ion Cinema | «Teuflisch beunruhigend.» – AV Club | «Dieser Film tut für Gewächshäuser, was ‹Psycho› für Duschen tat.» Indiewire | «Hausners Bio-Science-Fiction ist so kalt wie scharf beobachtet und dabei nicht ohne Humor, wenn auch von der tiefschwarzen Sorte.» – Viennale | «Ein stylischer Psychothriller. Wer Blumen mag, sollte sich den Film anschauen. Wer Blumen nicht mag, erst recht.» – OutNow | «Ein klinisch stilisierter Kommentar über den Grössenwahn der Menschheit und die Kommerzialisierung des Glücks.» – Screendaily