Museum Bruder Klaus | Dorothee Wyss
- Publiziert am 11. März 2021
Was fühlt eine Frau mit zehn Kindern, die von ihrem Mann verlassen wird?
So geschehen Dorothee Wyss, die Frau an der Seite des Heiligen Niklaus von Flüe. Das Museum Bruder Klaus widmet ihr eine umfangreiche Ausstellung. Dabei werden die Ereignisse im spätmittelalterlichen Obwalden aus weiblicher Sicht betrachtet. Erzählt wird die Geschichte einer Frau, die bis heute für ihre Bereitschaft, den Weg ihres Mannes mitzutragen, im Volk verehrt wird. Ein Leben zwischen Lieben und Loslassen.
Ein paar Zahlen
1430/32 Geburt von Dorothee, wahrscheinlich als Tochter des Ratsherrn Rudi Wyss | 1445/46 Heirat von Dorothee Wyss und Niklaus von Flüe. Sie wohnen als Bauern auf dem Schübelacher im Flüeli und haben zehn gemeinsame Kinder. | 1467 Dorothee stimmt zu, dass Niklaus auf Pilgerreise und anschliessend als Eremit in den Ranft geht. | Ab 1467 Dorothee übernimmt zusammen mit ihren Kindern die Leitung von Haus und Hof. Ihr ältester Sohn zieht mit seiner Familie ins benachbarte kleinere Haus. Dorothee und die Kinder sorgen weiterhin für das Wohlergehen von Niklaus und seinen Besuchern. | 1487 Niklaus stirbt. Ein Engel soll Dorothee nach dessen Tod getröstet haben. | 1495/96 Dorothee stirbt und wird wahrscheinlich in Sachseln beerdigt.
Lieben und Loslassen
Viele Jahre lang lebte Dorothee Wyss (1430/32-1495/96) das Leben einer gewöhnlichen Bäuerin und Mutter. Als ihr Ehemann Niklaus von Flüe zum Eremiten Bruder Klaus wurde, stellten sich ihr neue Herausforderungen, die sie meistern musste. Die Ausstellung im Museum Bruder Klaus ermöglicht eine Annäherung an die Frau des «Schweizer Nationalheiligen». Sie stellt eine mutige und inspirierende Frau vor, die vielen, unabhängig von Herkunft und Religion, als Vorbild dienen kann. Die in der Ausstellung erzählten Geschichten stützen sich auf historische Quellen, die überraschend viele direkte oder indirekte Aussagen über ihr Leben zulassen. Als Besucher*in kann man die Facetten dieser Persönlichkeit erkunden, in Dorothees Alltag im späten Mittelalter eintauchen oder sich von Arbeiten zeitgenössischer Kunstschaffender berühren und anregen lassen. Die Ausstellung regt zudem dazu an, sich über Themen wie Ehe, Liebe und Loslassen Gedanken zu machen und sucht nach Antworten auf die Frage: «Wer war Dorothee Wyss?»
Dorothee Wyss (1430/32 – 1495/96)
Ihren Mann Niklaus heiratete Dorothee Wyss wohl auf Anregung der Familie und nicht aus Liebe. Dennoch gelang es ihr, mit ihm eine partnerschaftliche Ehe basierend auf gegenseitiger Wertschätzung zu führen. Als erfolgreiche Bauersleute mehrten sie ihren Grundbesitz und ihr Vermögen. Dorothee war als Mutter der Mittelpunkt der Familie. Sie gebar zehn Kinder und erzog sie so, dass sie zu angesehenen Mitgliedern der Gesellschaft wurden. Dorothee Wyss war eine fromme und treue Frau, die Herausforderungen annahm und lernte, mit Veränderungen umzugehen. Sie spürte die Seelennot ihres Ehemanns und schenkte ihm ihr Einverständnis, sein Leben als Eremit in unmittelbarer Nähe ihres Hofes weiterzuführen. Weiterhin an Niklaus’ Seite war Dorothee Wyss seine Beschützerin. Sie tat, was sie konnte, um sein Dasein als «lebender Heiliger» leichter zu machen. Sie unterstützte ihn auf der Suche nach dem «einig Wesen» und sorgte gleichzeitig für das Wohlergehen der ganzen Familie. Aus den Quellen lässt sich keine lückenlose Biografie von Dorothee erstellen. Das wäre auch erstaunlich für eine Bäuerin aus dem 15. Jahrhundert.
Performances und Frauenangebote
Umrahmt wird die Ausstellung von Interventionen und Performances der Obwaldner Künstlerin Nicole Buchmann und einem reichhaltigen Veranstaltungsprogramm. Jeweils mittwochs profitieren Frauen von einem reduzierten Eintrittspreis. Ausserdem bietet das Museum exklusiv für Frauengruppen eine dialogische Führung an: Kurzweilig und unterhaltsam erzählt eine Museumsführerin die Geschichte von Dorothee Wyss. In entspanntem Rahmen tauschen sich die Besucherinnen und die Museumsführerin dabei über Rollenbilder, Beziehungsmodelle, Opferbereitschaft, Liebe und den Wert der Familie aus.