Kino | La Pivellina
In dieser Mischung aus Fiktion und Dokumentation findet ein 2-jähriges Mädchen eine Ersatzfamilie am Rand der italienischen Gesellschaft.
Synopsis: Patti (Patrizia Gerardi) und Walter (Walter Saabel) betreiben gemeinsam einen Wanderzirkus, dessen Winterquartier in einem Aussenbezirk von Rom ist. Auf der Suche nach ihrem Hund findet Patti eines Tages auf einem Spielplatz die 2-jährige Asia (Asia Crippa). Sie werde sich bald melden, schreibt Asias Mutter in einem Begleitbrief und so nehmen Patrizia und Walter das kleine Mädchen in ihrem Wohnwagen auf. Gemeinsam mit ihrem Mann und dem 14-jährigen Nachbarjungen Tairo (Tairo Caroli) bietet Patrizia der kleinen Asia so etwas wie ein Zuhause in einer zusammengewürfelten Ersatzfamilie. Stars: «La Pivellina» ist ausschliesslich mit Laiendarstellern besetzt und diese machen ihre Sache sehr gut. Der eigentliche Star des Films ist jedoch die herzige kleine Asia. Regie: Die Bozin Tizza Covi und der Wiener Rainer Frimmel studierten an der Grafischen Lehranstalt in Wien. Gemeinsam realisiertern sie die Dokumentarfilme «Das ist alles» (2001) und «Babooska» (2005). «La Pivellina» ist ihr erster Spielfilm.
art-tv-Wertung: «La Pivellina» verwischt die Grenze zwischen Fiktion und Dokumentation. Der Film wurde fast ausschliesslich mit Handkamera ohne künstliche Beleuchtung gedreht und verzichtet weitgehend auf Totale. Die Kamera folgt den Figuren ganz nah und die Einstellungen des Films lassen dabei den Eindruck entstehen, man sei mittendrin in deren Alltag. Dieser spielt sich am Rande der italienischen Gesellschaft ab, was die vielen Nicht-Orte als Schauplätze deutlich machen: «La Pivellina» spielt vor allem in Wohnwagenparks, auf Abstellplätzen, in Hinterhöfen und auf Baubrachen. Ausser dass ein zugegeben äusserst herziges Kind auftaucht, passiert in dem Film jedoch so gut wie gar nichts. Eine Autofahrt durch die Stadt gehört zu den spannenderen Szenen. So scheitert der Spagat zwischen Dokumentation und Spielfilm an der fehlenden Handlung. Als Spielfilm ist «La Pivellina» schlicht langweilig, als Dokumentation fehlen die tieferen Einblicke: Geldprobleme, zerrüttete Familienverhältnisse und soziale Ächtung werden lediglich am Rande angetönt. Fazit: Die fiktive Milieustudie «La Pivellina» ist nur denjenigen zu empfehlen, die ganz auf eine Handlung verzichten können.
Philipp Eberhard