Kino | Un prophète
Hart auf hart geht der «prophète» Malik seinen Weg: seine Schule ist ein französisches Gefängnis, wo er als Diener eines korsischen Mafiosis seine Laufbahn beginnt.
Synopsis: Der 19-jährige Malik El Djebena (Tahar Rahim) muss für sechs Jahre ins Gefängnis. Er ist zwar jung und unerfahren, aber ein cleverer Bursche. Der ältere Korse César Luciani (Niels Arestrup) nimmt ihn bald unter seine Fittiche: Malik muss schwierigste Botengänge für ihn erledigen und das Mädchen für alles spielen; dafür erhält er einen besseren Status im Gefängnis. Als Araber befindet sich Malik bald zwischen den Lagern der Korsen und gläubigen Moslems. Mit äusserstem Geschick bringt er Césars Aufträge zu Ende, rückt auf in der Hierarchie und kann im richtigen Moment die Machtverhältnisse unterlaufen. Stars: Das unbekannte Gesicht Tahar Rahims («Tahar l’étudiant» 2005) leuchtet hier neben dem erprobten schwedischen Schauspieler Niels Arestrup («Bourne Ultimatum» 2007, «De battre mon coeur s’est arrêté» 2005). Regie & Crew: Der französische Regisseur Jacques Audiard («Un héros très discret» 1996, «De battre mon coeur s’est arrêté» 2005) wagt sich in diesem Film in die dunklen Gefilde menschlicher Machtmechanismen vor.
art-tv-Wertung: Dieses knochenharte Gefängnisdrama macht aus dem Schlechtesten das Beste – das ist Maliks Vision: er schafft es zu ducken, zu dienen und abzuwarten, sich still vorzubereiten auf den Moment, in dem er die herrschenden Machtverhältnisse beeinflussen, ja umdrehen kann. Er lernt still, stellt sich allen ihm in den Weg gestellten Gefahren mit kühlem, entschiedenem Kopf; vielleicht einer Art geläutertem Überlebenswillen. Die schlimmen Taten, die ihm dies abverlangt, lassen ihn nicht kalt, sie treiben ihn voran: der Geist des ermordeten Reyeb (Hichem Yacoubi) begleitet ihn jahrelang als freundschaftlicher Zellgefährte. Er verlässt das Gefängnis sehr befreit. Moralisch ist sicher nicht alles einwandfrei in diesem Film, aber ist es das denn in unserer Welt? Malik findet einen intelligenten Ausweg, der nicht blossem Opportunismus gleichzusetzen ist, da er grossen Mut und tiefe Einsicht verlangt. Fazit: Nichts für schwache Nerven ist diese harte Gefängnisstory, doch ein Juwel für alle Grauzonenphilosophen, Unterhunde und Kämpfenden – Menschen, die Maliks Welt verstehen und nicht alles schwarz-weiss sehen wollen.
Isabel Rohr