Kino Xenix Filmreihe | Richard & Romane Bohringer
In der Retrospektive «Richard & Romane Bohringer» ist als Schweizer Premiere Richard Bohringers poetisches, auf seinem gleichnamigen Buch beruhendes Roadmovie «C’est beau une ville la nuit» zu sehen, in dem er an der Seite seiner Tochter Romane spielt.
Prägende Figur des französischen Autorenkinos
Der charismatische Schauspieler Richard Bohringer ist DIE prägende Figur des französischen Autorenkinos der Achtziger- und frühen Neunzigerjahre. Dass der Mann mit der unverwechselbar rauchigen Stimme ein sehr bewegtes Leben hinter sich haben muss, ist in jeder seiner mittlerweile 141 Kino- und Fernsehrollen spürbar. Und dass er ein grosser Verführer ist, ebenfalls.
Zum Film «C’est beau une ville la nuit»
Rollands Musikbar im Nordosten von Paris ist der bevorzugte Treffpunkt der Durstigen, Schlaflosen und Weltverbesserer des Pariser 20. Arrondissements. Hier verkehrt auch Richard, der nach seinen Trinkgelagen des öftern von seiner Tochter Romane zu Bett gebracht werden muss. Und hier tippt der junge Schriftsteller Paulo auf seiner Underwood und lässt sich weder vom Trubel noch von den regelmässigen Jam Sessions bei der Arbeit stören. Paulo ist für Richard wie die Essenz aller seiner Freunde – er vereint von jedem etwas. Mit ihm fühlt sich der Bluesman alt, was ihn aber nicht daran hindert, seinem Schützling zu zeigen, wie man Frauen verführt.
Richard Bohringers Vermächtnis
«C’est beau une ville la nuit» beruht auf dem gleichnamigen Buch von Richard Bohringer, das weder Autobiografie noch Roman, sondern eine essayistische Ballade, ein Blues in Prosaform ist – gewidmet den lebenden und toten Freunden des Autors, den Frauen, die er geliebt hat, dem Leben. Wie das Buch handelt auch Bohringers poetisches Roadmovie, in dem der grossartige Schauspieler für Regie, Drehbuch, Produktion und teilweise auch für die Musik verantwortlich zeichnet, von der verkorksten Jugend als Heroinsüchtiger, von Alkohol und Schicksalsschlägen. Ein schwer einzuordnender Film, der so etwas wie Richard Bohringers Vermächtnis darstellt, aber natürlich nicht den Schlüssel zu dessen äusserst intensivem Leben liefert.
Vater und Tochter
Richard Bohringers faszinierende Leinwandpersona ist untrennbar mit seiner komplexen Persönlichkeit verbunden. Weder eine existenzielle, von Drogen-, Alkohol- und Geldproblemen geprägte Lebensphase, noch eine schwere Erkrankung Anfang 2009 vermochten den leidenschaftlichen, aus tiefster Überzeugung agierenden Schauspieler, Regisseur, Schriftsteller und Sänger davon abzuhalten, weiterzuarbeiten – wenn auch etwas gemächlicher als in den Achtzigern. Romane Bohringer, die wegen der Abwesenheit der Mutter bis zum Alter von neun Jahren in der alleinigen Obhut ihres Vaters aufwuchs, begann sich schon früh um den eruptiven, absturzgefährdeten Richard zu sorgen. Daraus entwickelten sich enge Familienbande, und es ist nicht verwunderlich, dass sich die beiden bis heute sehr nahe stehen.